Historische Themennachmittage ein wichtiger Beitrag zur Heimatgeschichte
Der Bayreuther Historiker Dr. Norbert Aas lobt den SPD-AK Labertal für seine Initiative – Vortrag geplant
Der renommierte Lokalhistoriker Dr. Norbert Aas aus Bayreuth besuchte vergangene Woche die Ausstellung "… gerade Dich, Arbeiter, wollen wir", die der AK Labertal zusammen mit dem DGB-Landshut als Wanderausstellung in Pfeffenhausen, Mallersdorf-Pfaffenberg, Rohr und Geiselhöring präsentiert hat. Aas zeigte sich beeindruckt über die Aktivitäten des SPD-Arbeitskreises zur Vergangenheitsbewältigung und versprach Anfang 2012 einen Historischen Themennachmittag zum Thema Euthanasie zu gestalten.
Seit 2 Jahren greift der SPD-Arbeitskreis Labertal wichtige geschichtliche Themen in der Region auf und präsentiert z.T. neue und unbekannte Beiträge zur Heimatgeschichte. Dr. Norbert Aas aus Bayreuth, selbst auf diesem Gebiet forschend, lobte die Initiative und versicherte, dass gerade die vielfach verdrängten und totgeschwiegenen Vorkommnisse in den Jahren 1933 bis 1945 ein bedeutender Teil unserer Heimatgeschichte darstellten, den es gewusst zu machen gilt. Neben der Geschichte der Schierlinger MUNA, den Todesmärschen in der Region und den Brüdern Gandorfer präsentiert der SPD-AK Labertal derzeit mit dem Referenten Albert Eichmeier den "Kleinen Widerstand im Labertal". Alle beteiligten wollen mit ihrer Arbeit verhindern, dass der Mantel des Vergessens über einen wichtigen Teil unserer Heimatgeschichte gelegt wird.
Der Bayreuther Lokalhistoriker Dr. Norbert Aas legt sein Augenmerk auf das schreckliche Leiden vieler Behinderter und kranker Menschen auch aus unserer Region während der NS-Zeit. Euthanasie bedeutete in der Nazizeit Mord, verdeutlichte Dr. Norbert Aas. Ausgehend von der Annahme, dass die Menschen mit ihren sozialen Netzen gegenüber Behinderten und psychisch Kranken der Natur ins Handwerk pfuschen, ja dass sie sogar die Verbreitung solcher Eigenschaften fördere und so eine „Gegenauslese” begünstige, wurde im Jahre 1933 ein Gesetz erlassen, das es möglich machte, alle Menschen mit „angeborenem Schwachsinn, Schizophrenie, zirkulärem (manisch-depressivem) Irresein, erblicher Fallsucht (Epilepsie), Veitstanz, erblicher Blindheit, erblicher Taubheit, körperlicher Missbildung und auch Menschen mit schwerem Alkoholismus” sterilisieren zu lassen. Doch damit nicht genug. Adolf Hitler verfasst im Herbst 1939 ein Schreiben, in dem er Ärzte ermächtigte, „nach menschlichem Ermessen unheilbar Kranken bei kritischer Beurteilung ihres Krankheitszustandes den Gnadentod” zu gewähren. Ein Jahr später erlangte der Reichs-Justizminister Kenntnis von diesem Wunsch Adolf Hitlers. Und damit begann das Leid und das Sterben unzähliger behinderter und psychisch kranker Menschen, erklärte Aas. Denn der eigentlich nur ansatzweise geäußerte Gedanke der Sterbehilfe wurde mittels Massenmorden in die Tat umgesetzt.
Nach ersten wissenschaftlichen Schätzungen sollen in Hartheim wohl 6000 Menschen aus Bayern, aus ganz Deutschland wahrscheinlich 70 000 Menschen umgebracht worden sein. „Aber es gibt auch Schätzungen, die von 250 000 Toten ausgehen”, erklärte Aas. Er selbst arbeitet zur Zeit an einer namentlichen Zusammenstellung aller bayerischen NS-Opfer, die in Hartheim/Linz sterben mussten. Die Suche allerdings ist schwierig. Denn bis in die siebziger Jahre haben die verantwortlichen Ärzte und Beteiligte Unterlagen verschwinden lassen.
Aas versprach dem Sprecher des Arbeitskreises, Rainer Pasta, einen Historischen Themennachmittag für Anfang 2012, wo er seine Erkenntnisse zu den Opfern der Euthanasie in der Region Labertal vorstellen wird.