Haushaltsrede 2012
Herr Bürgermeister, verehrte Kolleginnen und Kollegen!
Leider hindert mich eine mehrtätige dienstliche Pflichtveranstaltung, an dieser besonders wichtigen Sitzung teilzunehmen. Ich bitte daher um Verständnis, auf diesem Weg für die SPD meine Stellungnahme zum diesjährigen Haushalt dem Marktgemeinderat dazulegen. Gerne hätte ich auch persönlich dem Kämmerer und seinem Team Danke gesagt für die vorzügliche, sorgfältige und umfassende Erarbeitung des Haushaltsplanes nebst Anlagen, ebenso wie für die mündliche Unterrichtung.
Das umfangreiche Zahlenwerk genügt dem Anspruch auf Wahrheit und Klarheit allerdings nur für den gesamten Bereich, der das Licht der Öffentlichkeit nicht zu scheuen braucht und der dem Marktgemeinderat und der Bürgerschaft als offenes Buch zur Verfügung steht. Leider ist ein wichtiger Teil der wirtschaftlichen Tätigkeit des Marktes zum großen Teil der Betrachtung im Rahmen der Haushaltsberatung entzogen, da dieser innerhalb des Kommunalunternehmens und damit unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet.
Insofern muss der Haushalt 2012 Stückwerk bleiben.
Stückwerk ist der Haushalt auch aus anderen Gründen:
Wichtige Investitionen und Maßnahmen werden auf die lange Bank geschoben, sind weder in der Finanz- noch in der Investitionsplanung enthalten – oder wurden in die Dunkelkammer des Kommunalunternehmens ausgelagert.
Beispiel Breitbandversorgung: Obwohl selbst die Staatsregierung die Bedeutung der flächendeckenden Breitbandversorgung für die ländliche Infrastruktur und Wirtschaftsentwicklung erkannt hat, wenn auch mit unzureichenden Konsequenzen, und obwohl auch der Landrat des Landkreises Regensburg diese Breitbandversorgung bis ins letzte Dorf zur Triple A-Priorität erklärt hat, plant der Markt Schierling bis 2015 dafür keinen Cent ein.
Damit bleibt der Ausbau der digitalen Infrastruktur von Inkofen bis Birnbach auf der Strecke.
Beispiel Sanierung Innerortsstraßen und Kanäle: Unbestritten ist, dass es vor allem im Zentralort einen großen Sanierungsbedarf bei den Innerortsstraßen und bei den Kanälen gibt. Aber mit Ausnahme der Ludwig-Thoma-Straße, die in diesem Jahr mit einer großen sechsstelligen Summe zum Sanierungsprojekt werden soll, sind die weiteren, dringend notwendigen, Ausgaben in die Zukunft verschoben. Dabei sind Beträge einkalkuliert, die den Schluss nahelegen, dass es nicht einmal bis 2030 gelingen wird, den Sanierungsstau abzubauen. Notwendig wäre ein „Solidarpakt Schierling“.
Zu einer guten Infrastruktur einer Gemeinde gehört auch eine optimale Anbindung an den ÖPNV.
Dass für die Erweiterung der P&R-Anlage in Eggmühl in diesem Jahr 50.000 Euro eingeplant sind, ist zu begrüßen. Aber ÖPNV bedeutet mehr.
Die derzeitige Busanbindung vom und zum Bhf. Eggmühl, insbesondere in den späten Abendstunden sowie an Sonn- und Feiertagen, ist absolut unzureichend und verbesserungswürdig. Im Rahmen eines umgreifenden Verkehrskonzeptes muss vor allem dieser Schwachpunkt im Personennahverkehr zu Gunsten vieler Bürgerinnen und Bürger, die auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen sind, beseitigt werden. Wenn die regionalen Busunternehmen an einer Erweiterung ihres Fahrplanes kein Interesse haben, sollte die Gemeinde notfalls mit Sammeltaxis oder Busfahrten, ähnlich dem Badebus, reagieren und dafür Mittel zur Verfügung stellen.
Da mit der Einführung der Maut auf der B 15neu ab 1. August dieses Jahres zu befürchten ist, dass der innerörtliche Schwerlastdurchgangsverkehr wieder die alten Zahlen erreicht, sollten möglichst schnell Maßnahmen gegen die Umgehung der Mautflucht geprüft werden.
Außerdem fordert die SPD, dass der Lückenschluss im Lärmschutz an der B 15neu bald erfolgt. Dafür sind leider keine Mittel im aktuellen Investitionsplan vorgesehen.
Die SPD unterstützt den Plan, ein neues Feuerwehrgerätehaus zu bauen und befürwortet auch den vorgesehenen Standort an der südlichen Ortsgrenze.
Bereits vor 35 Jahren hatte die SPD vorgeschlagen, das Feuerwehrhaus außerhalb des Hauptortes – zusammen mit dem Bauhof, im ehemaligen Unterholzner-Gelände – zu bauen. Bei einer vorausschauenderen Politik hätte die Gemeinde viele Millionen an Investitionen gespart.
Zukunft beginnt in der Gegenwart und hat vor allem mit der Kinder-, Jugend- und Familienpolitik zu tun.
Auf diesem Gebiet ist in den letzten Jahren viel geschehen und geschaffen worden, was früher, weil SPD-Forderung, belächelt, als zu teuer verworfen, oder als kommunistisches Gedankengut der DDR verteufelt wurde.
Die Jugendarbeit und Kinderbetreuung hat einen hohen Standard erreicht und die immer bedarfsgerechtere Arbeit der Kindergärten und Kinderkrippen ist zu einem echten Standortfaktor geworden. Der besondere Dank gilt dem engagierten Personal und allen ehrenamtlichen Kräften.
Die SPD begrüßt daher die Schaffung einer 3. Kinderkrippe in diesem Jahr außerordentlich.
Großer Dank gebührt auch den Lehrkräften, dem Elternbeirat und den Schülerbeiräten an den Grund- und Hauptschulen sowie dem Förderverein für ihre Arbeit zum Wohle der Schülerinnen und Schüler.
Dennoch türmen sich dunkle Wolken über der Zukunft der Hauptschule auf.
Ich habe schon im letzten Jahr in meiner Haushaltsrede ausführlich dazu Stellung genommen.
Heute möchte ich die dramatische Entwicklung der Schülerzahlen an der Schierlinger Grund- und Mittelschule in den Jahren 2002 bis 2012 herausstellen. Demnach haben die Schüler in diesem Zeitraum von 572 auf jetzt 367 abgenommen, ein Rückgang um 36 Prozent! Der prozentuale Aderlass der Hauptschule dürfte noch stärker sein.
Ich denke, wir werden uns im Schierlinger Gemeinderat in nicht allzu langer Zeit wieder mit der Zukunft der Eggmühler und Schierlinger Schule beschäftigen müssen.
Das Angebot der Gemeinschaftsschule, wie es die Bayern-SPD vorschlägt, verdient, auch zur Erhaltung der Schulen auf dem Land, eine größere Beachtung.
Um der dramatischen Abnahme der Schülerzahlen infolge der demographischen Entwicklung entgegen zu wirken, sind attraktive Angebote an junge Familien unumgänglich. Einerseits, um ihnen die Ansiedlung in Schierling zu erleichtern und andererseits, das Leben am Ort zu vereinfachen. Dazu gehört ein attraktives Wohnungsbauprogramm, wie von der SPD in Schierling seit vielen Jahren angeregt. Auch wurde zu lange die Ausweisung von neuen Wohnbauflächen auf kleinster Sparflamme gekocht, weil man nur noch Augen und Ohren für die Schaffung neuer Gewerbegebiete hatte und hat. Das Angebot hinkt derzeit der Nachfrage junger Familien nach Baugrundstücken deutlich hinterher.
Insofern ist es begrüßenswert, wenn in der CSU-Fraktion offensichtlich ein Umdenken beginnt, das allerdings in der vorliegenden mittelfristigen Investitionsplanung noch keinen Niederschlag gefunden hat.
Notwendig ist auch eine nachhaltig wirkende Familienpolitik.
Dazu gehört, unter vielem, der Einstieg in ein für die Eltern beitragsfreies 3. Kindergartenjahr oder auch der von der SPD vorgeschlagene ABC-Schützen-Gutschein, dem leider nicht zugestimmt wurde.
Zum Städtebauförderungsprogramm für die Innerortsentwicklung ist schon in den Vorjahren vieles angemerkt und angekündigt worden. Wäre das alles eingetreten, hätten wir ein saniertes Schloss, ein Hotel hinter dem Rathaus und ein großes zweites Ortszentrum auf dem ehemaligen Nockgrundstück. Außer teuren Spesen nichts gewesen.
Das aktuell vorgelegte umfangreiche Gemeindeentwicklungskonzept mit einem Investitionsvolumen von über 26 Millionen Euro bis 2026 darf man getrost in die gleiche Kategorie einordnen. Man sollte über den weiten Blick in die Zukunft nicht die Sicht auf die drängenden Gegenwartsprobleme verlieren.
Nicht geändert hat sich die Haltung der SPD zum Projekt Brauereiumbau. Der geplante Teilabriss des Westflügels, des sich im Privatbesitz befindlichen Brauereikomplexes, mit öffentlichen Mitteln, stößt auf entschiedene Ablehnung.
Jedem Investor und Privatmann steht es frei, seine Gebäude und Grundstücke im Rahmen seiner finanziellen Mittel und der planerischen Vorgaben umzugestalten. Eine Bezuschussung aus öffentlichen Mitteln für diese Maßnahme lehnen wir jedoch strikt ab.
Ähnlich ist es bei weiteren geplanten Vorhaben bei der Umsetzung der sogenannten „Jesuitenmeile“ im Rahmen der Städtebauförderung. Auch hier handelt es sich größtenteils um Gebäude, die sich im Privatbesitz befinden.
Generell muss gesagt werden, dass die Investitionsplanung mit dem Schwerpunkt Städtebau aus Sicht der SPD in die falsche Richtung weist. Wir vermissen, eine vorausschauende Gesellschaftspolitik, die dem demografischen Wandel entgegenwirkt und die zukünftigen Entwicklungsmöglichkeiten nachfolgender Generationen nachhaltig sichert.
Ich habe zu Beginn vom Haushalt als „Stückwerk“ gesprochen, weil er nur einen Teil der geplanten Investitionen und den dafür benötigten Kapitalbedarf aufzeigt.
So wird zum Beispiel der Schuldenstand laut Anlage am Jahresende bei knapp 5,5 Millionen Euro liegen. Zählt man noch die Kredite des Eigenbetriebes in Höhe von rund 0,5 Millionen € hinzu, dann sind wir schon bei knapp 6 Millionen € und einer Pro-Kopf-Verschuldung von 800 € je Einwohner.
Würde man nun die Schulden des Kommunalunternehmens hinzurechnen, von denen in der Öffentlichkeit niemand weiß, wie hoch sie sind, dann dürften wir uns bei vorsichtiger Schätzung auf die 9-Millionen-Grenze zubewegen, was einer Pro-Kopf-Verschuldung von über 1.200 € entsprechen und meilenweit über dem Landesdurchschnitt liegen würde.
Aus Sicht der SPD kann es nicht angehen, dass alle wichtigen Investitionen des vergangenen Jahres, dieses Jahres und der kommenden Jahre unter der „Burka“ des Kommunalunternehmens verschwindet.
Warum soll die Öffentlichkeit über den Haushalt nicht die anstehenden Investitionskosten für das Gewerbegebiet „Esper-Au“ von mindestens 1,2 Millionen Euro und seine Vorfinanzierung erfahren?
Warum wird die mit Sicherheit bereits vorhandene Kostenschätzung der Erschließung des Gewerbegebietes am „Birlbaum“ für dieses und die nachfolgenden Jahre nicht offengelegt?
Warum erfährt die Bürgerschaft nichts über das angedachte Engagement des Kommunalunternehmens bei der MUNA-Nachnutzung?
Die Zukunft des Penny-Marktes im Ortszentrum, dessen Erwerb groß gefeiert wurde, interessiert nicht nur eine kleine Gruppe handverlesener Markträte, sondern die Allgemeinheit.
Das „Haus der Begegnung“ mit Kosten von 1,6 Millionen Euro und Hotelbau mit geschätzten Mindestkosten von 1,8 Millionen Euro, beides bis 2015 geplant und beides im Investitionsplan bis 2015 verschwiegen.
Es ist höchste Zeit für die Entschleierung der Wirtschaftspolitik des Marktes.
„Kommunalunternehmen fördert wirtschaftliches Handeln des Marktes“, lautet eine Schlagzeile auf der Homepage des Marktes. Bisher ist nicht erkennbar, dass das wirtschaftliche Handeln tatsächlich gefördert wird. Und warum soll das wirtschaftliche Handeln des Marktes beeinträchtigt sein, wenn die Bürgerschaft über dieses Handeln auch umfassend Kenntnis hat?
Transparenz ist das Gebot einer bürgernahen und offenen Kommunalpolitik.
Das gilt insbesondere auch für die geplante MUNA-Nachnutzung. Der Parforceritt (mit aller Kraft, um jeden Preis) der Rathausspitze für eine übereilte Vorfestlegung auf ein Nachnutzungskonzept ist angesichts der noch offenstehenden Altlastenfrage völlig unverständlich und findet die Ablehnung der SPD. Besonders problematisch ist in diesem Zusammenhang die Haftungsfrage, falls zu einem späteren Zeitpunkt giftige Munitions- oder Gasfunde auftauchen.
Ich sehe deshalb keine Möglichkeit, dem Haushaltsplan 2012 meine Zustimmung zu geben.
Schierling, den 23. April 2012
Armin Buchner
Marktrat (SPD)