Dienstag, 5. April 2011
Im Rahmen der von der Bundesregierung angeordneten Sicherheitsüberprüfungen der Kernkraftwerke sollen auch die deutschen Forschungsreaktoren unter die Lupe genommen werden. Die bayerische SPD-Landtagsfraktion fordert bei der Überprüfung der Forschungsreaktoren – insbesondere beim Forschungsreaktor München II (FRM II) – die gleichen Sicherheitsmaßstäbe, wie bei den Kernkraftwerken. Dazu Ludwig Wörner, der energie- und umweltpolitische Sprecher der bayerischen SPD-Landtagsfraktion: „Auch der Garchinger Reaktor hält dem Absturz eines großen Passagierflugzeugs nicht stand. Dabei liegt der FRM II am Rande der Einflugschneise des Münchner Flughafens.“ Eine Kernschmelze ist beim FRM II laut Betreiberangaben zwar nicht möglich, bei einem Flugzeugabsturz auf die Reaktorhalle könnten aber nicht unerhebliche Mengen an Radioaktivität freigesetzt werden.
Ludwig Wörner hatte erst kürzlich durch eine schriftliche Anfrage an die Staatsregierung in Erfahrung gebracht, dass in der Reaktorhalle des FRM II mittlerweile 1.325 kg hochradioaktive abgebrannte Brennelemente lagern. Und ein Ende dieser Lagerung ist weit und breit nicht in Sicht. „Der Berg an abgebrannten Brennelementen in Garching wächst und wächst, da es weltweit kein sicheres Endlager für hochradioaktiven Müll gibt“, so der SPD-Politiker.
Die Antwort der Staatsregierung brachte überdies zu Tage, dass sich der Bund und der Freistaat Bayern im Oktober 2010 nach jahrelangen Verhandlungen nun offiziell auf den 31.12.2018 als Termin für die Umrüstung auf Brennstoff mit höchstens 50 Prozent Uran-235-Anreicherung geeinigt haben. Noch im April 2010 hatte Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch dem Landtag schriftlich mitgeteilt, dass auf der Grundlage der aktuellen wissenschaftlichen Ergebnisse der 31.12.2016 vereinbart wurde. Für Ludwig Wörner ist es ein Unding, dass in Garching nun noch für weitere acht Jahre mit atomwaffenfähigem Uran hantiert wird. Doch selbst der Termin Ende 2018 ist ungewiss, da man sich erneut ein Hintertürchen für eine weitere Verschiebung offen gelassen hat.
Die Betriebsgenehmigung für den FRM II ist mit der Auflage verbunden, den Reaktor bis spätestens 31.12.2010 umzurüsten. Obwohl seitens des Bund und des Freistaats Bayern alleine für die Entwicklung eines neuen Brennelements zum Zwecke der Umrüstung schon mehr als zehn Millionen Euro an Steuergeldern an den FRM II geflossen sind, scheint eine Umrüstung ungewisser denn je. Laut ihrer schriftlichen Antwort geht die Staatsregierung mittlerweile „davon aus, dass die Auflage in der Betriebsgenehmigung keine Rechtswirkung mehr entfaltet“. Für Ludwig Wörner ist diese Haltung umso besorgniserregender, da die Umrüstung auf Brennstoff mit 50 Prozent Uran-235-Anreicherung allenfalls ein Zwischenschritt sein kann: „Das Ziel muss ein Uran-235-Anreicherungsgrad von unter 20 Prozent sein. Erst dann gilt der Brennstoff als nicht mehr atomwaffentauglich“.
Wörners Fazit: „Wenn Ministerpräsident Seehofer es mit seiner Kehrtwende in der Atompolitik ernst meint, so muss dies auch für die Sicherheit des FRM II gelten. Darüber hinaus muss sich endlich etwas bei der Umrüstung tun. Dass hier in einer Universitätseinrichtung nun noch bis 2018 mit atomwaffenfähigem Uran hantiert wird, ist für Länder wie den Iran ein denkbar schlechtes Vorbild.“