Besuch im Bendlerblock
Gedenk- und Bildungsstätte würdigt den Widerstand gegen den Nationalsozialismus
Mitglieder des SPD-Arbeitskreises Labertal besuchten im Mai, anlässlich der Infofahrt zum Deutschen Bundestag nach Berlin, die Gedenkstätte Deutscher Widerstand (*1). Sie hat ihren Sitz im Bendlerblock (*2) im Berliner Bezirk Mitte am historischen Ort des Umsturzversuches vom 20. Juli 1944. „Gerade die laufenden Themennachmittage zum ´Kleinen Widerstand im Labertal´ gaben diesem Besuch eine ganz besondere Bedeutung“, so Arbeitskreissprecher Rainer Pasta.
Auf Anregung aus dem Kreis der Widerstandskämpfer des 20. Juli 1944 beschloss der Senat von Berlin 1967 die Einrichtung einer Gedenk- und Bildungsstätte, die über den Widerstand gegen den Nationalsozialismus informieren sollte. Die von dem Historiker Friedrich Zipfel verantwortete ständige Ausstellung wurde daraufhin am 20. Juli 1968 eröffnet. 1979 verständigten sich die Parteien im Abgeordnetenhaus von Berlin über die Absicht, die Gedenk- und Bildungsstätte zur erweitern.
Madlen Melzer, Schierlings SPD-Ortsvorsitzende und Marktrat Armin Buchner zusammen mit Uwe Lehmann vom Bundespresseamt an der Hinrichtungsstätte der Widerstandskämpfer um Oberst i.G. Claus Schenk Graf von Stauffenberg.
Am 20. Juli 1962 enthüllte der Berliner Bürgermeister Franz Amrehn im Ehrenhof diese Tafel mit den Namen der am 20. Juli 1944 hier erschossenen Offiziere.
1983 beauftragte der damalige Regierende Bürgermeister Richard von Weizsäcker den Historiker Professor Peter Steinbach und den Stuttgarter Gestalter Professor Hans Peter Hoch mit der umfassenden Dokumentation und Darstellung der ganzen Breite und Vielfalt des deutschen Widerstandes gegen den Nationalsozialismus in einer ständigen Ausstellung. Diese wurde am 20. Juli 1989 in den historischen Räumen des Staatsstreichversuches vom 20. Juli 1944 in der zweiten Etage des Bendlerblocks im Gebäudeteil an der Stauffenbergstraße eröffnet. Über 5 000 Bilder und Dokumente informieren seitdem exemplarisch über die Motive, Handlungen und Ziele von Einzelnen, Kreisen, Gruppen und Organisationen im Widerstand gegen den Nationalsozialismus.
Die Dauerausstellung richtet sich an unterschiedlichste Besucher. Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass heute allgemeinhistorische Grundkenntnisse sowie Kenntnisse über die Breite und Vielfalt der Widerstandsformen und Entwicklungen von Widerstandshaltungen, von Widerstandsmanifestationen und den Zielen des Widerstandes nicht mehr vorausgesetzt werden können, ist das wichtigste Ziel der Ausstellung die Dokumentation von Zielen, Motiven und Handlungen der Widerstandskämpferinnen und Widerstandskämpfer.
Sie will im Einzelnen ein Gespür für die Möglichkeiten und die Grenzen widerständigen Handelns in einem Unrechtssystem wecken. Die Besucher/innennachfrage vor Ort und über Internet ist ungebrochen, das Interesse an den einzelnen Veranstaltungen der Gedenkstätte hoch.
Die Gedenkstätte Deutscher Widerstand dokumentiert in den 26 Bereichen ihrer Ausstellung
nicht nur den politischen Kampf gegen den Nationalsozialismus, sondern auch die vielfältigen Formen des Widerstehens aus christlicher Überzeugung, die militärischen Umsturzversuche zwischen 1938 und 1944, die aktive Konspiration entschiedener Regimegegner im Zentrum der Macht, aber auch die Opposition von Jugendlichen und den Widerstand im Kriegsalltag. Dies schließt die Darstellung unterschiedlicher Traditionen und Denkhaltungen sowie der Situationen und Motive ein, die zwischen 1933 und 1945 Widerstand ermöglicht und geprägt haben.
Madlen Melzer und Armin Buchner vor der Bronzefigur eines jungen Mannes mit gebundenen Händen.
Am 20. Juli 1953 enthüllte Ernst Reuter das von dem Bildhauer Richard Scheibe geschaffene Ehrenmal.
Die Dauerausstellung in der Gedenkstätte folgt einem mehrstufigen Darstellungsprinzip. Einführungstext und Übersicht bieten eine erste Annäherung; ein Leitbild ermöglicht mit exemplarischen Fotos zum Thema eine schnelle Orientierung über den jeweiligen Ausstellungsbereich. Bilder, Texte, Biographien sowie weitere Materialien in Arbeitsmappen vertiefen dies. So entsteht ein vielfältiges Bild über Ziele und Formen des Widerstandes gegen den Nationalsozialismus.
Blick in den Ehrenhof des Bendlerblocks: Der Gebäudekomplex hatte den 2. Weltkrieg relativ unbeschadet überstanden und beherbergt jetzt u.a. die Gedenkstätte Deutscher Widerstand. Links an der Gebäudemauer die Gedenktafel an der Hinrichtungsstätte der Widerstandskämpfer des 20. Juli 1944.
Textmarken:
(*1) Die Gedenkstätte Deutscher Widerstand ist ein Ort der Erinnerung, der politischen Bildungsarbeit, des aktiven Lernens, der Dokumentation und der Forschung. Mit einer umfangreichen Dauerausstellung, wechselnden Sonderausstellungen und einem vielfältigen Veranstaltungs- und Veröffentlichungsangebot informiert sie über den Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Sie will zeigen, wie sich einzelne Menschen und Gruppen in den Jahren 1933 bis 1945 gegen die nationalsozialistische Diktatur gewehrt und ihre Handlungsspielräume genutzt haben. Im Statut der "Stiftung Gedenkstätte Deutscher Widerstand" heißt es: "Aufgabe der Stiftung ist es, das Andenken der Frauen und Männer im Widerstand gegen den Nationalsozialismus wachzuhalten und die notwendige Auseinandersetzung der Deutschen mit diesem Teil ihrer Geschichte zu fördern."
(*2) Als Bendlerblock wird ein historischer Gebäudekomplex in der Nähe des Tiergartens am südlichen Rand des ehemaligen Diplomatenviertels bezeichnet. Bis 1945 ist die Geschichte des Hauses vom Militär bestimmt. Hier wird die deutsche Flottenrüstung geplant, hier sucht in der Weimarer Zeit die Reichswehrführung ihre Rolle im demokratischen Staat. Der Bendlerblock ist der Ort der "Lebensraum im Osten"-Ansprache Adolf Hitlers vom 3. Februar 1933, vor allem aber das Zentrum des Umsturzversuchs gegen das nationalsozialistische Regime am 20. Juli 1944.
Im Hauptgebäude am Landwehrkanal residieren Teile der Seekriegsleitung sowie des Amtes Ausland/Abwehr im Oberkommando der Wehrmacht unter Admiral Wilhelm Canaris. Den Hauptteil des Ostflügels nutzt das Allgemeine Heeresamt des Oberkommandos des Heeres unter General Friedrich Fromm, ab 1940 unter General Friedrich Olbricht. Hier arbeitet Olbricht den Operationsplan "Walküre", offiziell zur Niederwerfung eines Aufstandes von Zwangsarbeitern gedacht, in einen Staatsstreichplan gegen Hitler um.
Seit Oktober 1943 arbeitet Oberst Claus Schenk Graf von Stauffenberg als Stabschef des Allgemeinen Heeresamtes in der Bendlerstraße. Ab Juni 1944 ist er Chef des Stabes des Befehlshabers des Ersatzheeres und hat somit Zugang zu Lagebesprechungen im "Führerhauptquartier Wolfschanze" bei Rastenburg in Ostpreußen.
Am 20. Juli 1944 zündet er dort in der Lagebaracke eine Bombe und fliegt nach Berlin zurück, wo die Verschwörer in der Bendlerstraße bis in die Abendstunden verzweifelt den Staatsstreich in Gang zu setzen suchen; wegen Hitlers Überleben muss er misslingen. In der Nacht lässt Generaloberst Fromm im heutigen Ehrenhof Claus Schenk Graf von Stauffenberg, Friedrich Olbricht, Albrecht Ritter Mertz von Quirnheim und Werner von Haeften nach dem Freitod von Ludwig Beck erschießen.
Am 2. Mai 1945 besetzen sowjetische Truppen den Bendlerblock, der bis zuletzt als Befehlsstand des Kampfkommandanten von Berlin, General Helmuth Weidling, gedient hat.