MdL Franz Schindler plädiert für Zustimmung zur Verfassungsänderung
Am 15. September werden in Bayern nicht nur der Landtag und die Bezirkstage neu gewählt, sondern es wird auch über fünf Verfassungsänderungen abgestimmt. Nach langwierigen Verhandlungen hat der Landtag am 20. Juni 2013 mit der hierfür erforderlichen Zweidrittelmehrheit beschlossen, dem Volk am Tag der Landtagswahl am fünf Vorschläge zur Änderung der Verfassung des Freistaats Bayern zur Entscheidung vorzulegen.
Im Einzelnen wird vorgeschlagen, in die Verfassung neue Bestimmungen aufzunehmen, dass der Staat gleichwertige Lebensverhältnisse und Arbeitsbedingungen in ganz Bayern, in Stadt und Land fördert und sichert, dass der Staat und die Gemeinden den ehrenamtlichen Einsatz für das Gemeinwohl fördern und dass der Staat den Gemeinden im Rahmen seiner finanziellen Leistungsfähigkeit eine angemessene Finanzausstattung gewährleistet. Außerdem soll in der Verfassung fixiert werden, dass die Staatsregierung den Landtag über Angelegenheiten der Europäischen Union zu unterrichten hat und dass der Landtag die Staatsregierung in ihrem Abstimmungsverhalten binden kann, wenn das Recht der Gesetzgebung durch die Übertragung von Hoheitsrechten auf die Europäische Union betroffen ist. Mit diesen Vorschlägen sind Anregungen aufgegriffen worden, die seit der letzten großen Änderung der Verfassung im Jahr 1998, als der Senat abgeschafft , die Legislaturpoeriode des Landtags auf fünf Jahre verlängert und die Zahl der Minister und Stzaatssekretäre auf 17 beschränkt worden ist, diskutiert und zum Teil auch schon als Anträge in den Landtag eingebracht worden sind.
Politisch wesentlich umstrittener ist der weitere Vorschlag, auch eine sog. Schuldenbremse in die Bayerische Verfassung aufzunehmen, nachdem im Grundgesetz bereits eine entsprechende Regelung vorhanden ist und die Länder ab dem Jahr 2020 zum Ausgleich ihrer Haushalte keine Schulden mehr machen dürfen. Während die Befürworter argumentieren, dass ein in der Verfassung verankertes Verbot des Schuldenmachens wichtig sei, kritisieren die Gegner, dass es zur Verfolgung des Ziels, Schulden abzubauen, keiner Verfassungsänderung bedürfe, dass sich der Landtag Fesseln anlege, die im Extremfall zu Lasten der Ausgaben für Bildung und die Gemeinden gehen können und dass eine Schuldenbremse unsinnig sei, wenn nicht gleichzeitig auch die Einnahmeseite gesichert werde. Trotz großer Meinungsverschiedenheiten im Detail haben sich die Fraktionen von CSU, SPD, Freien Wählern und FDP dennoch darauf verständigt, dem Volk vorzuschlagen, eine Schuldenbremse in die Verfassung aufzunehmen, wonach der Staatshaushalt grundsätzlich ohne Nettokreditaufnahme auszugleichen ist, wovon nur bei Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notsituationen abgewichen werden kann.
MdL Franz Schindler, der als Vorsitzender des Verfassungsausschusses des Landtags an der Erarbeitung und Beratung des Gesetzentwurfs zur Änderung der Verfassung beteiligt war, hat bei der Zweiten Lesung am 20. Juni im Plenum des Landtags die Meinung vertreten, dass eine Totalrevision der aus dem Jahr 1946 stammenden und maßgeblich von dem SPD-Ministerpräsidenten Wilhelm Hoegner entworfenen Bayerischen Verfassung auch nach fast 70 Jahren nicht erforderlich sei. Für die SPD-Fraktion sei die freiheitliche Bayerische Verfassung fast heilig. Dennoch könnten und müssten gelegentlich behutsame Änderungen vorgenommen werden, ohne den Charakter der Verfassung zu ändern. Eine Verfassungsbestimmung, gleichwertige Lebensverhältnisse und Arbeitsbedingungen in ganz Bayern zu fördern und zu sichern, sei angesichts der demographischen Entwicklung und der bestehenden Ungleichgewichte zwischen den Ballungsgebieten und den Grenzregionen ein klarer Handlungsauftrag an Landtag und Staatsregierung. Die Aufnahme der Förderung des ehrenamtlichen Einsatzes für das Gemeinwohl sei ein ein wichtiges Zeichen der Wertschätzung des ehrenamtlichen Engagements. Dass der Staat verpflichtet werde, den Gemeinden eine angemessene Finanzausstattung zu gewährleisten, sei angesichts des Umstands, dass viele Gemeinden nicht einmal mehr ihre Pflichtaufgaben erfüllen können, von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Die Bestimmung über das Zusammenspiel zwischen Staatsregierung und Landtag in Angelegenheiten der Europäischen Union stärke den Landtag und sei schon deshalb gut. Auch wenn sich die Verfassungsänderungen erst in der Umsetzung in praktische Politik bewähren müssen, plädiert Franz Schindler dafür, den vom Landtag vorgeschlagenen Verfassungsänderungen zuzustimmen.
Anders als auf Bundesebene beim Grundgesetz kann die Bayerische Verfassung nur mit Zustimmung des Volkes geändert werden. Der mit Zweidrittelmehrheit des Landtags gefasste Beschluss reicht nicht aus. Über die fünf Vorschläge zur Verfassungsänderung können die Wählerinnen und Wähler am Tag der Landtagswahl getrennt abstimmen.