Haushaltsrede 2011
Herr Bürgermeister, verehrte Kolleginnen und Kollegen,
der Wirtschaftsaufschwung scheint auch in Schierling wieder Fuß zu fassen. Darauf lassen zumindest die positive Entwicklung der Gewerbesteuereinnahmen und die wachsende Beteiligung an der Einkommensteuer schließen. Vordringliche Aufgabe der Kommunen wird es jetzt daher sein, die zu erwartenden Steuermehreinnahmen sinnvoll und vor allem nachhaltig einzusetzen, insbesondere in Hinblick auf die sich abzeichnende schwierige demografische Entwicklung in unserem Land.
Der Bevölkerungswissenschaftler Prof. Dr. Herwig Birg, Inhaber des Lehrstuhls für Bevölkerungswissenschaft an der Universität Bielefeld, beklagt in einem Interview¹ zu Recht die demografischen Probleme in Deutschland und wirft der Politik vor, keine Lösungen zu bieten und destruktiv zu handeln. Er fordert konkret, mehr für Familien zu tun und wirksame neue Instrumente der Familienpolitik zu schaffen. Auch in Schierling ist der Rückgang der Geburtenrate im letzten Jahr geradezu erschreckend.
(¹ Quelle: Interview in der Allgemeinen Laber-Zeitung vom 06. April 2011)
Um diesem Negativ-Trend entgegenzuwirken, sind aus Sicht der SPD-Fraktion alle politischen Ebenen gefordert, auch und vor allem auch die Städte und Gemeinden mit der Umsetzung einer nachhaltig wirkenden Familienpolitik. Das dies einen langen Atemzug erfordert und nicht zum Nulltarif zu haben ist, dürfte jedem klar sein. Aber ein Anfang muss gemacht werden. Und auch die Rahmenbedingungen müssen stimmen.
So wurde von der CSU-FDP-Koalition in Bayern am Anfang der Legislaturperiode mit großen Worten ein für die Eltern beitragsfreies 3. Kindergartenjahr angekündigt – leider blieb es bei den Worten, Taten folgten nicht, obwohl der Einstieg in ein kostenfreies Bildungssystem aus unserer Sicht eine wesentliche Voraussetzung für eine nachhaltige Familienpolitik darstellt. Die Kommunen könnten selbstständig handeln, den Anträgen der SPD-Fraktion im letzten Jahr für ein kostenfreies 3. Kindergartenjahr oder auch für einen ABC-Schützen-Gutschein wurde leider nicht zugestimmt.
Ähnlich verhält es sich in der Schulpolitik. Aufgrund der zurückgehenden Geburtenrate wird das Modell der hochgepriesenen Mittelschule zum Scheitern verurteilt sein, weil die meisten Schüler aufgrund des selektiven Schulsystems in Bayern nach der 4. Jahrgangsstufe auf weiterführende Schulen wechseln werden. Die Schulhäuser vor Ort, vor allem in den ländlichen Kommunen werden leer stehen. Ein Lösungsansatz wäre das Modell der Gemeinschaftsschule, in dem Kinder möglichst lange gemeinsam unterrichtet werden und der Wechsel auf weiterführende Schulen weiterhin gewährleistet ist. In den beiden Nachbargemeinden Denkendorf und Kipfenberg im Landkreis Eichstätt wird dieses, meiner Ansicht nach, zukunftsweisende Schulmodell demnächst eingeführt – parteiübergreifend und ohne ideologischen Scheuklappen. Auch ein wirkungsvoller Ansatz, um der demografischen Entwicklung vorzubeugen. Ich denke, wir werden uns hier im Schierlinger Gemeinderat in nicht allzu langer Zeit wieder über die Zukunft der Eggmühler und Schierlinger Schule beschäftigen müssen.
Zu einer nachhaltigen Familienpolitik gehören natürlich auch Investitionen in die Infrastruktur, herausgreifen möchte ich die Versorgung des ländlichen Raumes mit einer zukunftsfähigen Breitbandversorgung. Im Haushaltsplan 2011 ist dazu ein weiterer, wichtiger Schritt mit dem Ausbau in Schierling Süd und den Ortsteilen Mannsdorf und Allersdorf getan. Wenn dazu auch Druck aus der Bürgerschaft und Initiativen der Schierlinger SPD nötig waren, um die ursprüngliche Idee des Bürgermeisters und der Deutschen Telekom einer absolut unzureichenden UMTS-Funk-Lösung wieder in der Schublade verschwinden zu lassen. Gott bewahre, wenn sich diese Idee durchgesetzt hätte – das hätte für die Bewohner im Süden den breitbandpolitischen SuperGAU bedeutet. Nichtsdestotrotz muss in Zukunft ein leistungsfähiger Ausbau in der Gemeinde Schierling weitergehen. Und auch da drückt sich der Freistaat aus seiner Verantwortung. Angedachte LTE-Funklösungen können nur als Übergangslösung herhalten, viele Gemeinden setzen daher in eigener Regie bereits auf einen glasfasergebundenen Ausbau – wenn dies auch den Gemeindesäckel belastet. Zu Gunsten eines nachhaltigen Ausbaus der Infrastruktur lohnen diese Investitionen in die Breitbandversorgung, die allen Bürgerinnen und Bürger sowie der Wirtschaft zu Gute kommen, allemal. Die Mittelfristplanung für die nächsten Jahre sieht dafür leider keine weiteren finanziellen Mittel vor.
Ein stabiler Faktor für die Kommunen bleibt die Kreisumlage, die wiederum auf 40% festgesetzt wurde. Vielen Bürgermeistern und dem Regensburger Kreistag sei Dank, eine vom Landrat Herbert Mirbeth angestrebte Erhöhung hätte die finanziellen Spielräume der Gemeinden im Landkreis Regensburg weiter eingeengt. So konnte für Schierling eine zusätzliche Belastung von ca. 100.000.-€ vermieden werden.
Aus Sicht der SPD-Fraktion ist auch eine Verbesserung des ÖPNV unbedingt anzustreben. Die derzeitige Busanbindung von und zum Bf Eggmühl insbesondere in den späten Abendstunden sowie an Sonn- und Feiertagen ist absolut unzureichend und verbesserungswürdig. Im Rahmen eines umgreifenden Verkehrskonzeptes muss vor allem dieser Schwachpunkt im Personennahverkehr zu Gunsten vieler Bürgerinnen und Bürger, die auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen sind, beseitigt werden.
Ein weiterer wunder Punkt in der Schierlinger Gemeindepolitik ist die schleppende bis gar nicht vorhandene Informationspolitik des Bürgermeisters in Sachen Muna-Nachnutzung. Seit Spätsommer letzten Jahres ist auf diesem Gebiet leider Funkstille. Absolut nicht zu akzeptieren ist die fortwährende Desinformation der Mitglieder des Marktgemeinderates, die letztendlich bei der Entscheidung über ein mögliches Nachnutzungskonzept das letzte Wort haben, über den aktuellen Stand der Verhandlungen, u.a. mit Fachbehörden. Welche Möglichkeiten hätten wir zudem im letzten halben Jahr insbesondere bei der Einbindung der Bevölkerung in die Entscheidungsfindung gehabt – leider wurde diese Möglichkeit nicht genutzt und man hat die Zeit ungenutzt verstreichen lassen. Von der vom Bürgermeister oft propagierten Transparenz bleibt in diesem Zusammenhang außer Schall und Rauch nichts über.
Der Haushalt 2011 und auch die mittelfristige Planung weisen schwerpunktmäßig in den Bereich Städtebauförderung. Die Sanierung des ältesten Schulhauses Deutschlands ist finanziell ein harter Brocken, der aber für die Gemeinde Schierling dank der hohen Bezuschussung seitens staatlicher Stellen noch zu schlucken ist. Alternativen waren aus Sicht der SPD-Fraktion nicht in Sicht, dafür sprechen unter anderem die vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten des Gebäudes für die Vereine der Großgemeinde sowie die Tatsache, dass mit dem Gebäude, das sich in Gemeindebesitz befindet, etwas passieren musste. Diesen Weg konnte die SPD-Fraktion noch mitgehen.
Anders sieht es mit dem Projekt Brauereiumbau aus. Der geplante Teilabriss des Westflügels des sich im Privatbesitz befindlichen Brauereikomplexes mit öffentlichen Mitteln stößt auf entschiedene Ablehnung innerhalb der Fraktion. Jedem Investor und Privatmann steht es frei, seine Gebäude und Grundstücke im Rahmen seiner finanziellen Mitteln und der planerischen Vorgaben umzugestalten. Eine Bezuschussung aus öffentlichen Mitteln für diese Maßnahme lehnen wir jedoch strikt ab. Ähnlich ist es bei weiteren geplanten Vorhaben und Gebäuden, die sich größtenteils im Privatbesitz befinden, bei der Umsetzung der sogenannten „Jesuitenmeile“ im Rahmen der Städtebauförderung.
Abschließend möchte ich feststellen, dass der Haushalt 2011 sowie die weitere Investitionsplanung mit dem Schwerpunkt Städtebau aus Sicht der SPD-Fraktion in die falsche Richtung weist. Was wir vermissen, ist eine vorausschauende Gesellschaftspolitik, die dem demografischen Wandel entgegenwirkt und die zukünftigen Entwicklungsmöglichkeiten nachfolgender Generationen nachhaltig sichert.
Aus diesem Grund kann die SPD-Fraktion dem vorgelegten Haushaltsentwurf 2011 keine Zustimmung erteilen.
Schierling, den 26. April 2011
Armin Buchner, Fraktionssprecher