Absurdes Theater in Schierling
Wer Lust auf eine Groteske hat, muss sich nicht mehr ins Stadttheater nach Regensburg bemühen, es genügt der Besuch einer Gemeinderatssitzung in Schierling. Was sich dort gestern in Rahmen einer solchen abgespielt hat, spottet jeder Beschreibung und entbehrte nicht einer gewissen Komik, wäre es nicht gleichzeitig so abgrundtief traurig, wie Menschen miteinander umgehen und wie sie mit der Wahrheit umgehen.
Selbstverständlich ist bekannt, dass der Bürger in Marktgemeinderatssitzungen zwar das Recht hat, sich durch Zuhören zu informieren, jedoch nicht selbst sprechen darf. Wird jedoch in einer Sitzung derart laviert, verschleiert und mit Halbwahrheiten gespielt, dass dem Bürger dieses Recht, sich zu informieren, genommen wird, ist es kein Wunder, wenn manch einer nicht mehr an sich halten kann und sich statt dessen eigenmächtig durch Zwischenrufe das Rederecht nimmt.
Wäre es zu viel verlangt, mündigen und kritischen Bürgern, die um das Wohlergehen des Ortes besorgt sind, klare Ansagen als Diskussionsgrundlage zu bieten, oder fürchtet man in Schierling andere Meinungen so sehr, dass man gezwungen ist, deren Vertreter unmöglich zu machen? Was sollte diese gestrige Wortklauberei um Käufer, Investoren, Wissen und Nichtwissen bewirken, wenn nicht Verschleierung? Abgesehen davon ist es nicht glaubwürdig, wenn führende Köpfe des Marktes Schierling behaupten, so vieles nicht zu wissen. Man will doch wohl das politische Wohlergehen des Ortes kompetenten Kommunalpolitikern anvertrauen!
Und für den Fall, dass es nicht gelingt, den Zuhörer so lange zu verwirren, bis er aufhört, nachzudenken, muss man den Verlauf der Sitzung eben anderweitig gestalten.
Mit einem einfachen, sachlichen „Ruhe bitte!“ nach dem ersten Zwischenruf des Herrn Werkmann, wo der Landrat wohl seinen Bioabfall hinfahren würde, hätte Herr Christian Kiendl, der als Bürgermeister auch Versammlungsleiter ist, deeskalierend wirken können. Doch ließ er sich von pöbelnden CSU-Gemeinderäten, die in dem Moment alle Grundlagen zwischenmenschlicher Umgangsformen vergessen hatten, das Heft aus der Hand nehmen, und Zwischenrufe von der einen Seite und Beschimpfungen, Tiernamen und Schlimmeres von Seiten der Markträte schaukelten sich gegenseitig hoch. Dass Herr Kiendl nichts tat, könnte ihm von unvoreingenommenen Beobachtern als banale Führungsschwäche ausgelegt werden, doch vermutlich steckt etwas weit weniger Unschuldiges dahinter. Was, wenn Herr Kiendl diese Gemeinderatssitzung bewusst derart aus dem Ruder laufen ließ, bis buchstäblich die Hölle los war im Rathaus, nur um hinterher einen politischen Gegner als Spinner und völlig untragbares Element der Gesellschaft unmöglich zu machen? Glücklicherweise gibt es Zeugen dafür, dass sich zumindest Herr Werkmann justitiabler Pöbeleien enthalten hat, auch wenn Gemeinderat Bomer etwas anderes gehört haben will. Oder suchte er nur einen Grund, sich anstatt verbal lieber handfest abzureagieren?
Ist es nicht der Gipfel der Erbärmlichkeit, dass die politische Führungsriege Schierlings zu solchen Mitteln greift? Und ist es nicht höchst fragwürdig, dass Herr Bürgermeister Kiendl laut darüber nachdachte, ob es eine rechtliche Handhabe gebe, den Zwischenrufer formal von Gemeinderatssitzungen auszuschließen, während er gleichzeitig keinen Finger krumm machte, Herrn Gemeinderat Bomer von Handgreiflichkeiten gegen besagten Zwischenrufer abzuhalten? Dies musste ein anderer Gemeinderat erledigen. Befinden wir uns auf einer Zeitreise zurück ins Mittelalter, wo Konflikte mittels Faustrecht „gelöst“ wurden? Wenn dem so ist, ist der Schritt zu einem mittelalterlichen Feudalsystem mit absoluter Gehorsamspflicht der Obrigkeit gegenüber nicht mehr weit.
Wir danken der Bürgerinitiative "Bürger für ein l(i)ebenswertes Schierling" für die freundliche Genehmigung zur Veröffentlichung des Berichtes.