Madlen Melzer
Pl.-Heinrich-Ring 6
84069 Schierling
An den Bürgermeister
Hr. Christian Kiendl
Rathausplatz 1
84069 Schierling
Schierling, den 15.04.2012
Offener Brief, an Sie, die Presse und zur Veröffentlichung im Internet:
Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
in der Marktgemeinderatssitzung am letzten Donnerstag war ich Zeugin eines unangenehmen Zwischenfalls. Dabei wäre es fast zu einer Schlägerei zwischen einem Zuhörer und einem Gemeinderat gekommen.
Ich fühle mich veranlasst, heute an Sie zu schreiben, da ich mir allmählich Sorgen um das soziale Gefüge in unserer Gemeinde mache.
In Ihrer Verantwortung als Bürgermeister, sollten Sie dafür Sorge tragen, dass wir in einer harmonischen Grundstimmung zusammenleben können.
Eine Änderung Ihres Amtsstils könnte einen entscheidenden Beitrag dazu leisten!
Es wird Zeit, dass Sie mit Ihrem Verständnis einer bürgernahen Politik im 21.Jahrhundert ankommen. Bereits vor 20 Jahren hat die Konferenz für Umwelt und Entwicklung der Vereinten Nationen in Rio de Janeiro stattgefunden, auf der die Agenda 21 verabschiedet wurde.
Dort ging es vor allem darum, wie es uns Menschen weltweit gelingen kann, unsere Lebens- und Wirtschaftsweise in Zukunft so zu gestalten, dass auch zukünftigen Generationen eine lebenswerte Welt erhalten bleibt.
Dabei hat man damals bereits erkannt, dass dies nur durch eine enge Zusammenarbeit zwischen den Kommunen, der Bürgerschaft, zivilgesellschaftlichen Organisationen und der privaten Wirtschaft gelingen kann.
Das sollte Leitlinie öffentlichen Handelns werden.
Viele Kommunen, auch in Bayern, haben daraufhin eine lokale „Agenda 21“ etabliert, um auch das Wissen und die Alltagskompetenzen ihrer Bürger, in einem positiven Dialog, zu nutzen. Über Bürgerentscheide stehen dem Bürger außerdem Instrumente zur Verfügung, sich einzumischen und über Fragen des eigenen Wirkungskreises abzustimmen.
Dieses Instrument der Direkten Demokratie ermöglicht es den Bürgern ganz legal!!, sich nicht willenlos dem Diktat und den Interessen einer kleinen Gruppe von mehr oder weniger engagierten, aber auch oftmals in einzelnen Sachthemen überforderten, kommunalen Verantwortungsträgern zu unterwerfen. Vor allem, wenn es sich um Entscheidungen handelt, die eine lang anhaltende Wirkung entfalten.
Seitdem steht die Allmacht eines für eine Periode gewählten Entscheidungsgremiums zur Disposition. Auch wenn er vermeintlich über Mehrheiten verfügt, sollte jedem Bürgermeister klar sein, dass da auch noch die aufgeklärten Menschen in seiner Gemeinde sind, die von der Richtigkeit und der Notwendigkeit geplanter Maßnahmen überzeugt werden wollen und müssen.
Im Sinne eines friedvollen Zusammenlebens innerhalb der Gemeinde, wäre es daher sehr wünschenswert, wenn Sie hier bei uns in Schierling endlich das tun, wovon Sie die ganze Zeit reden!
Nämlich offen und transparent alle Gemeinderäte, die ja nur stellvertretend für eine bestimmte Gruppierung im Marktgemeinderat sitzen (Volksvertreter), rechtzeitig über Ihre Vorhaben zu informieren, Diskussionen in allen Gremien und Raum für Entscheidungen zuzulassen, anstatt jeden Widerspruch, jede Nachfrage, jedwede Kritik als Querulantentum und Störfeuer abzuqualifizieren.
Nicht nur Ihre CSU-Kollegen nehmen Ihre Aufgabe als Gemeinderäte wahr und bemühen sich um eine verantwortungsvolle Mitarbeit im Sinne Ihrer Wähler!
Durch Ihre unangenehme Art, überall dort Feindbilder aufzubauen, wo nicht direkt in Ihrem Sinne gedacht, argumentiert oder entschieden wird, führt am Ende zu genau dieser aggressiven, verhetzten und sogar teilweise ängstlichen Stimmung, wie sie an vielen Stellen spürbar wird und nicht zuletzt in der letzten Sitzung fast zur Tätlichkeit geführt hat.
Als Versammlungsleiter wäre es an Ihnen gewesen, beide Personen, die den Sitzungsverlauf gestört haben, aufzufordern, sich entsprechend zu beruhigen, oder die Veranstaltung zu verlassen.
Stattdessen richtet sich Ihr Unmut nur gezielt gegen einen der Herren, den Sie ja längst zum Störenfried Nr.1 erklärt haben, um sich nicht mehr inhaltlich mit Ihm auseinandersetzen zu müssen.
Ihr Auftreten gipfelt dann darin, sich und alle „ehrbahren“ Marktgemeinderäte, die mit unschönen Bemerkungen allerdings auch nicht gespart haben, am Ende noch als Opfer von gemeinen Angriffen darzustellen und Möglichkeiten prüfen zu wollen, den Unbequemen zukünftig auszusperren.
Dabei kann man durchaus verstehen, dass dem einen oder anderen schon mal die Hutschnur reißt, bei dem Umgang, den Sie mit Leuten pflegen, die nicht devot alles abnicken, was von Ihnen und vor allem Ihrem Geschäftsführer und Leiter des Kommunalunternehmens vorgeschlagen wird.
Wenn denn überhaupt etwas von dem nach außen dringt, was in Hinterzimmern, unter Ausschluss der Öffentlichkeit, in handverlesenen Zirkeln und unter dem Siegel der Verschwiegenheit ausgehandelt wird.
Warum in Schierling permanente Geheimhaltung bei fast jedem zu behandelnden Themen angesagt ist, entzieht sich ohnehin allgemeinem Verständnis.
Interessanter Weise verstehen das andere auch nicht, wie jüngst der Sprecher des Landratsamtes in Kehlheim, der am Sitzungsende die Ergebnisse, zu Ihrer Verärgerung, unmittelbar veröffentlichte.
So gibt es ständig ein Klima von Mutmaßungen und Gerüchten, die mitunter wirklich zu falschen Schlussfolgerungen führen. Das könnte leicht verhindert werden.
Warum sagen Sie nicht offen, dass die Firma Holmer kein Grundstück im neu geplanten Gewerbegebiet kauft und dort nur Hallen eines Großinvestors mietet, wenn es doch laut Aussage von F.Wallner „wurscht“ ist. Der gleiche Investor möchte doch sowohl „Am Birlbaum“, als auch in der MUNA Flächen kaufen, deren Nutzung heutzutage noch weitgehend unbekannt bleibt.
Haben Sie Angst um die Akzeptanz bei der Bevölkerung, das schöne Landschaftsgebiet der Laberauen für eine fremde Firma zu zerstören, die keinerlei Anbindung an den Ort hat und nur schnöde wirtschaftliche Interessen verfolgt?
Warum sagen Sie nicht offen, wo der Bioabfall der geplanten Biotonne im Landkreis entsorgt werden soll? Dass keine Biogasanlage am „Am Birlbaum“ entstehen wird, sollte der Bürgerentscheid keinen Erfolg haben, aber Biogas dort verbrannt werden darf, wissen wir nun. Was soll aber in der MUNA dort entstehen, wo Ihr unbedingt favorisierter Investor heute noch keine konkreten Nutzungspläne vorlegt??
Sie sind Vorstandsvorsitzender der Kommunalen Energieagentur im Landkreis, da könnten Sie doch schon mal informieren, was so alles angedacht ist, hinsichtlich der Erzeugung erneuerbarer Energien!
Um es ganz klar zu sagen: Niemand hat hier etwas gegen die Erzeugung von Biogas in einem überschaubaren Umfang.
Im Gegenteil, bei jedem neuen Baugebiet, jedem Gewerbe- bzw. Industriegebiet sollte bereits bei der Planung sicher gestellt werden, woher die benötigte Energie kommen soll.
Umstritten ist eine Großanlage im Bereich der MUNA, die zur Anlaufstelle für den gesamten Landkreis wird. Die MUNA ist ein schönes Gelände, für das es attraktivere Nachnutzungskonzepte gibt!
Unschön und Quell häufigen Unmuts, wie erst kürzlich vom Parteilosen P. Ritschl geäußert, ist die Unart der Schierlinger CSU Vorschläge anderer Fraktionen zunächst abzulehnen oder zu ignorieren, um sie dann als eigene Vorschläge zu verkaufen.
Ihr Umgang mit dem Via Nova-Projekt der SPD ist auch so ein Beispiel, dass wirklich kein gutes Licht auf Ihren Stil wirft und der allgemeinen Stimmung nicht zuträglich ist. Aus unserer Sicht hätte Hr. Kumpfmüller gern mit zum Team gehören können, aber uns derart auszubooten ist geradezu unfair.
Brückenbauen sieht anders aus!!
Am Ende meines Briefes möchte ich Sie eindringlich bitten, auch im Sinne der Unterzeichner des Bürgerbegehrens, zu akzeptieren, dass in Schierling aufgeklärte Bürger leben, die, im Rahmen Ihrer Möglichkeiten, an der Gestaltung ihres Lebenumfeldes beteiligt werden möchten, aber mitnichten Ihre persönlichen Feinde darstellen. Bitte hören Sie auf, Ihrerseits die Leute zu verteufeln, die an der einen oder anderen Stelle nicht Ihrer Meinung sind.
Egal, wie das Bürgerbegehren, respektive der Bürgerentscheid ausgeht, so muss es möglich sein, auch danach am Ort vernünftig zusammenzuleben. Es geht einfach darum, dass es unterschiedliche Vorstellungen davon gibt, wie Schierling zukünftig aussehen soll.
Ich appelliere an Sie, Ihre Bürger frei darüber entscheiden zu lassen, ohne subtile Androhung persönlicher Konsequenzen, ob wir in Schierling eine Weiterentwicklung in Richtung gesichtslose Gewerbegemeinde in alle Richtungen wollen, oder ob die Attraktivität als ländlicher Raum gestärkt werden soll. Auch das bietet Chancen, für die Schaffung von Arbeitsplätzen.
In Verbindung mit einer attraktiven und freizeitorientierten Nachnutzung der MUNA könnte die neue Straße auch den Einstieg Schierlings in den Bereich Tourismus ermöglichen.
Warum nicht mal in diese Richtung denken!?
Mit freundlichem Gruß
Madlen Melzer