Christian Ude • 11. Oktober 2011
Christian Ude ist seit 18 Jahren Münchens Oberbürgermeister. Drei Mal wurde er wiedergewählt - zuletzt mit knapp 67 Prozent der Wählerstimmen. Nun kandidiert er für das Amt des bayerischen Ministerpräsidenten. Sein Ziel ist mehr soziale Gerechtigkeit, vor allem in der Bildungspolitik. Exklusiv auf spd.de erklärt er, wie er den historischen Wechsel in Bayern erreichen will.
Die Landesvorstandssitzung der BayernSPD am 7. Oktober 2011 war für mich in vielerlei Hinsicht sehr bewegend. So viel Einmütigkeit und Optimismus habe ich selten hier erlebt. Ein Wechsel in Bayern ist möglich, und wir sind uns einig: Wir wollen ihn schaffen! Das wird freilich kein Spaziergang, sondern harte Kärrnerarbeit!
Der vergangene Freitag war der Beginn eines zweijährigen Crescendo, das sich bis zum Wahltermin steigern muss, damit wir alle Menschen mitnehmen, die einen Wechsel in Bayern wollen, die sich eine bessere Regierung vorstellen können und wünschen. Das wird eine ganz große Kraftanstrengung. Ich habe versprochen, dass die Präsenz in allen Landesteilen gewährleistet wird, die Programmarbeit gemeinsam mit den Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten in allen Bezirken und in der gesamten bayerischen Landespartei stattfindet. Und natürlich das, was Waldemar von Knoeringen „das Gespräch mit jedermann“ genannt hat, heute muss man natürlich hinzufügen: „und jederfrau“. Also den ernsthaften gesellschaftlichen Dialog, um bei größtmöglicher Bürgernähe die Überzeugungen der SPD zu vermitteln, aber auch die Wünsche und Erwartungen der Bürgerschaft abzufragen und einzubeziehen.
Wir werden sehr konstruktiv auftreten, nicht im Sinne einer Totalopposition, sondern im Sinne einer politischen Kraft, die durchaus um die Vorzüge Bayerns weiß und auch die Verdienste der bisherigen Parlamentsmehrheit anerkennt, aber einiges sehr gezielt besser machen möchte und vor allem mehr soziale Gerechtigkeit durchsetzen will. Das beginnt im Bildungsbereich, der angesichts der Kulturhoheit der Länder eine ganz herausragende Rolle spielt. Das bayerische Schulwesen ist in mancher Beziehung besonders rückständig und weist leider die gravierendste soziale Auslese auf. In Bayern spielt der Wohlstand der Eltern beim schulischen Erfolg der Kinder eine ausschlaggebende Rolle. Wir stellen das sozialdemokratische Modell der Gemeinschaftsschule dagegen, wir werden die schulischen Ganztagsangebote, bei denen Bayern heute noch zu den drei Schlusslichtern der deutschen Bundesländer gehört, zum Thema machen, aber auch die Studiengebühren. Da kann ich ganz konkret werden: Wenn die CSU nicht auch in dieser Frage noch umfällt, wird die Abschaffung der Studiengebühren die erste Amtshandlung einer sozialdemokratisch geführten Staatsregierung sein! Aber wie man hört knickt die CSU vielleicht noch vorher ein wie bei so vielen anderen Fragen auch, weil sich herum gesprochen hat in den deutschen Ländern, dass man einfach SPD wählen muss, wenn man Studiengebühren wieder loswerden will.
Wir streben natürlich eine Zusammenarbeit an mit anderen Parteien und Gruppierungen, die erst die Mehrheitsfähigkeit ermöglichen. Aber Zusammenarbeit nach einem Wahltag bedeutet nicht, dass man schon vorher überhaupt keine Unterschiede mehr aufweisen dürfte. Unsere denkbaren und gewünschten Koalitionspartner dürfen sich von der SPD unterscheiden und nehmen das auch für sich in Anspruch. Mit Verlaub steht es aber auch der SPD zu, sich von Wunschpartnern in manchen Punkten zu unterscheiden. Über Differenzen werden wir bei Koalitionsverhandlungen nach dem Wahltag sprechen und nicht schon vorweg Anpassungsprozesse vornehmen, als ob nur eine Kraft anträte. Nein, hier tritt die Sozialdemokratie an und das in Erwartung wachsender Zustimmung in der bayerischen Bevölkerung. Das Ziel ist ein Regierungswechsel in Bayern. Den hat es über ein halbes Jahrhundert nicht mehr gegeben. Es ist nicht nur gut für die Sozialdemokratie, wenn sie Auftrieb verspürt und Morgenluft wittert. Es ist gut für die Demokratie, wenn auch in Bayern ein Regierungswechsel durch Wählervotum wieder realistisch möglich wird und wenn die Bevölkerung endlich das Gefühl bekommt, bei einer Wahl tatsächlich zwischen Alternativen wählen zu können.