Copyright: Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt, Juraj Lipták Vor einem knappen Jahr wurde dem Land Sachsen-Anhalt und seinem Landesmuseum für Vorgeschichte in Halle von der UNESCO die Urkunde verliehen, mit der die Himmelsscheibe von Nebra in das Weltdokumentenerbe von Deutschland aufgenommen wurde. Einer, der hier und von Anfang an bei der Sicherstellung dieser einmaligen über 2.600 Jahre alten Bronzescheibe dabei war, ist der Schierlinger Archäologe und Leiter der Öffentlichkeitsarbeit des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie sowie des Landesmuseums für Vorgeschichte Dr. Alfred Reichenberger. In einem packenden Vortrag im Restaurant Top Four schilderte er die Sicherstellung dieser einmaligen Bronzescheibe aus der Bronzezeit aus den Händen von Raubgräbern und deren Hehlern sowie den Nachweis über die Echtheit und die astronomische Bedeutung für die Menschen vor 2.600 Jahren. Bei der Frage der Herkunft der Materialien führte Dr. Reichenberger sein Publikum quer durch Europa. Das Motto der Veranstaltung des SPD-Arbeitskreises Labertal und der Schierlinger SPD, „Sonne, Mond und Sterne über Europa. Die Himmelsscheibe von Nebra und die Europa-Connexion der Bronzezeit“, passte genau zum Vortrag und zum Europatag. Die 2. Sprecherin des AK Labertal und Landtagsabgeordnete Ruth Müller aus Pfeffenhausen sah deshalb in ihrem Schlusswort die Einzigartigkeit dieses astronomischen Fundes aus der Vorgeschichte Europas den Auftrag, die Einzigartigkeit des Friedens in Europa zu bewahren und deshalb auch durch die Teilnahme an der Europawahl zu stärken. Musikalisch leitete Valerian-Marcus Thielicke auf der Violine mit der Europa-Hymne die Veranstaltung ein und er schloss sie damit auch stimmungsvoll ab.
Eröffnet hatte den Abend Markträtin und SPD-Ortsvorsitzende Madlen Melzer. Sie begrüßte unter den zahlreichen Gästen besonders den Neufahrner Bürgermeister Peter Forstner, die SPD-Landtagsabgeordnete und stellvertretende Vorsitzende der NiederbayernSPD, Ruth Müller, und Arbeitskreissprecher Rainer Pasta sowie die Vertreter von acht Ortsvereinen des Arbeitskreises Labertal. Der niederbayerische Ersatzbewerber für das Europaparlament, Valerian-Marcus Thielicke aus Tiefenbach bei Landshut wies in seinem kurzen Grußwort auf die Bedeutung der Europawahl am 25. Mai hin. Eine zentrale europäische Aufgabe werde die Bekämpfung der Steuerhinterziehung und der Steuerflucht sein, die jedes Jahr den EU-Staaten weit über hundert Milliarden Euro koste. Fast leidenschaftlich klangen die Warnungen des 20-jährigen Jungpolitikers und Studenten vor dem geplanten Freihandelsabkommens zwischen der USA und der Europäischen Union, das den großen internationalen Konzernen und Finanzhäusern praktisch unbegrenzte Freiräume auf Kosten der Umwelt und Sozialstandards unter Ausschluss der Parlamente und der Rechtswege einräume.
Regionales Zentrum der Bronzezeit
Die Region zwischen Regensburg, Kelheim, Straubing und Landshut, insbesondere an der Großen und Kleinen Laber weist eine hohe Funddichte aus der Bronzezeit zwischen 1.800 und 1.200 vor Christus auf und lässt auf eine Besiedlung schließen, berichtete Martin Auer in seiner Einführung. Bedeutende Funde ließen die Archäologen von einer bronzezeitlichen Straubinger Kultur sprechen. Zahlreiche Hügelgräber seien dieser vorgeschichtlichen Ära zuzurechnen. Im Landkreis Regensburg konzentrierten sich die Funde auf Alteglofsheim, Mintraching, Mangolding, Aufhausen, Gansbach, Petzkofen und Pfakofen, wo ein umfangreiches Gräberfeld in Richtung Inkofen entdeckt wurde. Schlagzeilen in jüngster Zeit machten bronzezeitliche Grabfunde in Grafentraubach und Salching. Gräberfelder in Straubing und Umgebung, Oberzeitldorn, Schambach, Hadersbach, Hankofen, Pilling und Muckenwinkling zeugten von der großen Siedlungsdichte vor 2.600 Jahren. Besonders herausragend, so Martin Auer, seien jedoch die Hortfunde bei Langquaid und Winklsaß bei Neufahrn gewesen. Die Archäologie spreche sogar vom „Langquaid-Horizont“ und bezeichne so eine jüngere Phase der Frühbronzezeit. Das Bronzebeil von Langquaid gelte als besonderer Typus für ähnliche europaweite Beilfunde bis in den hohen Norden. Der Hortfund von Winklsaß enthalte über 100 wertvolle Stücke von Schmuck, Messer und Waffen sowie Reste von Brustpanzer und Beinschienen. Bedeutend sei auch der Schwertfund bei Asenkofen. Auf die internationalen Verbindungen der Region in den Norden und in den Ägäis-Raum weise der Fund einer Bernsteinkette und einer mykenischen Fayence-Perle bei Pörndorf bei Bruckberg hin.
Der Krimi um die Himmelsscheibe und ihre europaweite Herkunft
Richtig spannend wie in einem Krimi wurde es, als Dr. Alfred Reichenberger die Sicherstellung der Himmelsscheibe von Nebra aus den Fängen der Hehler und Raubgräber schilderte. Auf dem Mittelberg über dem Tal der Unstrut hätten 1999 zwei Raubgräber mit einer Metallsonde die Scheibe sowie Bronzebeile der „Langquaid-Stufe“ entdeckt und an einem Kölner Händler für rund 30.000 Mark verkauft. Der Fund wechselte dann mehrmals den Besitzer. Das letzte Hehlerpaar aus den Rheinland hatte ihn für 200.000 Mark erworben und wollte ihn für 700.000 Mark weiterverkaufen. Bei einem fingierten Treffen mit dem Leiter des Museums schnappte in Basel die Falle zu und die Polizei nahm die Hehler fest und beschlagnahmte die Bronzefunde, darunter die Himmelsscheibe. Später seien auch die beiden Raubgräber verhaftet worden. Diese hätten dann die Archäologen an die Fundstelle geführt. Mehrere Strafprozesse hätten gefolgt, in denen die Echtheit des Fundes nachgewiesen worden sei. Bei diesen und weiteren Untersuchungen habe man festgestellt, dass das Kupfer der Himmelsscheibe vom Mitterberg am Hochkönig bei Salzburg, das Gold aus Cornwall in England und das Zinn aus der Bretagne stammt. Da in der Umgebung der verschiedenen Fundorte auch sogenannte Fürstengräber mit reichen Beigaben entdeckt wurden, geht Dr. Reichenberger davon aus, dass die Handelsbeziehungen schon in dieser Zeit von solchen, untereinander vernetzten „Fürsten“ organisiert wurden. Den Weg des as „Salzburger Kupfers“ habe man von Irland bis in die Türkei nachweisen können.
Die fünf Phasen der der Himmelsscheibe und ihre Deutung
Ebenso spannend wie der Fundbericht war auch die Schilderung von Dr. Alfred Reichenberger über die Entstehung der Himmelscheibe und ihrer Deutung. Er nannte fünf Phasen der Veränderungen über Jahrhunderte hinweg. In der ersten Phase seien auf der Scheibe in Gold nur der Vollmond, der Sichelmond und 32 Sterne dargestellt worden, darunter der aus 7 Sternen bestehende Sternhaufen der Plejaden. Da deren Aufgang Mitte März und Untergang Mitte Oktober in Verbindung einmal mit dem Sichelmond und dann mit dem Vollmond zu sehen sei, müsse man einen Zusammenhang mit dem jahreszeitlichen Kreislauf der bäuerlichen Kultur des Aussäens und Erntens sehen. In einer zweiten Phase sind am Rand zwei Sonnen-Horizonte hinzugekommen und in einer dritten Phase noch die Sonnenbarke hinzugefügt worden. Später wurde sie noch an den Rändern gelocht und schließlich nach Entfernung einer Horizontsichel als geweihter Gegenstand in geweihter Erde niedergelegt. Die beiden Sonnenhorizonte zeigen vom Mittelberg aus mit ihren Diagonalen einmal auf den Sonnenuntergang hinter dem Brocken zur Sommersonnenwende und zum andern auf den Kyffhäuser am 1. Mai, dem späteren Beltene-Fest der Keltenzeit. Die astronomische Verwendung der Himmelsscheibe vor 2.600 Jahren sei unbestritten. Langanhaltender Beifall belohnte Dr. Alfred Reichenberger für seinen knapp einstündigen Vortrag. MdL Ruth Müller und der Sprecher des SPD-Arbeitskreises, Rainer Pasta, überreichten ihm als Dankeschön ein Präsent.
Foto von links nach rechts: AK-Sprecher Rainer Pasta, Valerian-Marcus Thielicke, Dr. Alfred Reichenberger, MdL Ruth Müller und Martin Auer