Dr. Wilhelm Schlötterer über Strauß, Stoiber & Co.
„Die CSU muss diesen Teil ihrer Geschichte aufarbeiten und zur Rechtstaatlichkeit zurückkehren!“
„Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen.“ Auf diesen kurzen Nenner könnte man das jahrzehntelange Regierungshandeln der CSU in Bayern bringen, folgt man den Fakten, die der frühere Referent im bayerischen Finanzministerium und pensionierte Ministerialrat Dr. Wilhelm Schlötterer bei der Lesung aus seinem Buch „Macht und Missbrauch“ am Freitagabend im Aumeier-Saal den zahlreichen Gästen präsentierte.
Manche hatten sich sicherlich gewünscht, es hätten besser früher wiederholt die Handschellen geklickt als dass der bayerische Justizapparat beim Treiben der CSU-Olympier weggeschaut hat. Bei dem, was die Zuhörer aus dem Munde des CSU-Mitglieds und profunden Kenners der CSU-Interna über Machtmissbrauch, Korruption und „Durchstechereien“ in der CSU-Regierungsspitze von Franz Josef Strauß bis zu seinen Nachfolgern erfuhren, taten sich wahre Abgründe der bayerischen Politik auf. Denn schier unglaublich klangen die Fakten über den ruchlosen Umgang mit der Macht und über die Geldgier von CSU-Regierungsmitgliedern, während dem Volk das Bild der fürsorglichen Landesväter vorgegaukelt werde.
Die SPD-Ortsvorsitzende Madlen Melzer freute sich über die zahlreichen Besucherinnen und Besucher, unter ihnen der stellvertretende Landrat Sepp Weitzer sowie der Sprecher des Arbeitskreises Labertal Rainer Pasta und seine Stellvertreterin, die Landshuter SPD-Kreisvorsitzende Ruth Müller. Den Aumeiersaal so gutgefüllt zu sehen, war angesichts einer wahren Veranstaltungsinflation am gleichen Abend in der Marktgemeinde keine Selbstverständlichkeit. In ihrer Begrüßungsrede ging Madlen Melzer auf die aktuelle Situation in Japan ein und hob die Zivilcourage speziell der heldenhaften Arbeiter in den Unglücksreaktoren in Fukushima hervor. Der von ihr angesprochene Machtmissbrauch der Schwarz-Gelben Bundesregierung im Rahmen der Laufzeitverlängerung der deutschen Atomkraftwerke war eine perfekte Überleitung zum Thema des Abends, das sich schnell als fesselnder Zündstoff erwies.
Lobte die Zivilcourage des Wilhelm Schlötterer: Schierlings SPD-Ortsvorsitzende Madlen Melzer
Dr. Wilhelm Schlötterer, ein gebürtiger Regensburger, zeigte sich zu Beginn seiner Ausführungen besonders angetan vom Motto der Veranstaltung, „Zivilcourage zeigen“. Gerade von diesem Mut brauche man nämlich ein gehöriges Maß, um sich, ungeachtet persönlicher Nachteile, gegen Unrecht von übergeordneter Stelle zu behaupten. Als Ministerialrat a.D. im Bayerischen Finanzministerium und langjähriges CSU- Mitglied, gewährte er „sine ira et studio“ (ohne eiferndem Zorn) in seinem Buch anhand dokumentierter Einzelfälle einen Einblick in die Machenschaften des ehemaligen bayerischen Ministerpräsidenten F.J. Strauß und seiner Nachfolger. In seiner ruhigen, sachlichen Art vermittelte der Buchautor den Zuhörern über den gelesenen Text hinaus auch Einblicke in die Abgründe der bayerischen Politik, indem er einiges von seinem Insiderwissen und aktuelle Erkenntnisse preis gab. Abschließend betonte Dr. Schlötterer, dass er sein Buch als Anstoß dafür sehe, Verhältnisse und Entscheidungen zu hinterfragen und gegebenenfalls mutig zu handeln.
"Macht und Missbrauch" - ein literarisches Muss für jeden politisch interessierten und aufgeklärten Staatsbürger. Zuhörer forderten sogar, das Buch als Standardwerk für die Beamtenausbildung in Deutschland zu verwenden.
In der anschließenden regen Diskussion wurde vor allem das Unverständnis über den Filz zwischen Justizbehörden, Staatsanwaltschaft und Regierungsapparat immer wieder deutlich. Während die deutsche Staatsanwaltschaft weisungsgebunden agiere, sei das in anderen europäischen Ländern nicht der Fall. Ein aktuelles Beispiel stelle die Anklage des italienischen Ministerpräsidenten Berlusconi durch die Mailänder Ermittlungsbehörden dar. In Bayern dagegen würden erwiesenermaßen korrupte, skrupellose Machtpolitiker wie Strauß Ehrenvorsitzende ihrer Partei und sogar Flughäfen und Straßen nach ihnen benannt. Bemerkenswert war für die Zuhörer auch, dass bisher kein einziges Dementi gegen die Fakten im Buch erhoben wurde und kein Verfahren, angestoßen von der Strauß-Familie, erfolgreich war. In seinem Schlusswort zollte der stellvertretende SPD-Ortsvereinsvorsitzende und Marktrat, Armin Buchner, dem engagierten Autor Respekt für seine gelebte Zivilcourage. Denn durch seine unbequeme Art habe er erhebliche berufliche Nachteile in Kauf nehmen müssen. Ein bitterer Beigeschmack bleibe nach der beeindruckenden Lesung, nämlich dass es kein erfundener Krimi, sondern ein auf Fakten beruhendes Sachbuch sei. Maria Auer konnte am Ende des Abends einen regen Verkauf der angebotenen Bücher verzeichnen, die der Autor gerne signierte.
Etliche Gäste nutzten das Angebot einer Originalsignatur des Autors
Die Reihe „Zivilcourage zeigen“ wird fortgesetzt mit der Veranstaltung „Milliardengrab Landesbank“ am 30. März in Pfeffenhausen mit MdL Inge Aures und Themennachmittagen über den Widerstand im Labertal während der Zeit des Nationalsozialismus. Ein Schwerpunkt wird dabei die Zeit zwischen 1933 und 1945 auch in Schierling sein. Aber der Start dazu erfolgt am kommenden Sonntag, 27. März, um 17.00 Uhr in Langquaid beim „Huberbräu“.
SPD-Ortsvorsitzende Madlen Melzer und ihr Stellvertreter u. Marktrat Armin Buchner überreichten als Präsent einen Schierlinger Korb an Dr. Wilhelm Schlötterer