Dass Sankt Petrus als ein Heiliger der kleinen Leute offenkundig ein Faible für die Sozialdemokraten hat, zeigte sich wieder einmal am vergangenen Samstag bei der historischen Herbstwanderung der SPD-Ortsvereine Langquaid und Schierling.
Denn pünktlich am Mittag stoppte er den Regen, so dass eine über 20-köpfige Wandertruppe um 14:00 Uhr die von Dr. Alfred Reichenberger vorbereitete Zeitreise in die Vergangenheit begann. SPD-Ortsvorsitzender und Marktrat Armin Buchner begrüßte besonders die Markträte Robert Mehrl (Langquaid) und Dr. Johannes Straßer und Rudi Eisenhut, beide Schierling sowie die Langquaider SPD-Vorsitzende Kirsten Reiter.
Die erste Station war die Wiese, auf der noch vor knapp 200 Jahren die große und prächtige, von einem Wassergraben umgebene Schlossanlage von Gitting zwischen Ober- und Niederleierndorf stand. Übriggeblieben sind davon nur der Nordteil des Wassergrabens und leichte Bodenerhebungen, besser sichtbar noch in den Aufnahmen der Luftbildarchäologie.
Dr. Reichenberger, Pressereferent des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie von Sachsen-Anhalt, gebürtiger Schierlinger und Archäologie, erläuterte kurz die Geschichte des Schlosses aus der Barockzeit mit einer großen Parkanlage und der vorausgehenden mittelalterlichen Burganlage der „Herren von Gütting“. Gitting selbst gehört zu den ältesten Orten der Region und ist 888 erstmals urkundlich erwähnt. Bereits am Anfang des 19. Jahrhunderts wurde die Schlossanlage abgerissen nach dem Motto „sic transit gloria mundi“ (so vergeht der weltliche Ruhm), ein Schicksal, das nach Meinung von Alfred Reichenberger auch dem maroden und ruinösen Schierlinger Schloss blühen könnte.
Auf Schuster’s Rappen ging es dann in hinein in den Wald des Obereichet, im ältesten Katasterblatt von 1817 noch „das kleine Eichet“ genannt, zur dortigen großen Anlage von zwei Viereckschanzen, im besagten Kataster als „Schlössel“ beschrieben. So geheimnisvoll diese Viereckschanzen im dunklen Wald auf den Besucher wirken, so geheimnisvoll ist nach wie vor ihr eigentlicher Zweck in der Zeit der Kelten zwischen 150 und 15 vor Christus bis zur Eroberung durch die Römer unter Kaiser Augustus, auch Latène-Zeit genannt. Die Verbreitung dieser Viereckschanzen der Keltenzeit erstreckt sich in einem Band von Mittelfrankeich-Schweiz, bayerisches und schwäbisches Voralpenland, bis nach Böhmen und Österreich. Alleine in Bayern sind über 250 dieser seltenen Anlagen vom Alpenvorland bis zur Donau bekannt; davon alleine sieben nördlich und südlich der Großen Laber im Abschnitt Langquaid – Schierling.
Für Dr. Reichenberger handelt es sich dabei um multifunktionale Anlagen mit kulturell-religiösem Hintergrund. Von der Eichbühler Doppelschanze ist klar der Erdwall ohne Stein- oder Holzbefestigung und der Graben davor zu sehen. An der Ostseite befindet sich der einzige Zugang, der vor 2.100 Jahren über eine Holzbrücke in das Innere führte. Bei anderen Schanzen dieser Art, berichtete der Archäologe, habe man merkwürdige Schächte mit Brandschichten, eventuell durch Opfer, gefunden. Sie habe sich auch außerhalb der benachbarten Siedlungen befunden. Möglicherweise stellte ihre Anlage eine Vorstufe der gallisch-römischen Umgangstempel dar. Ohne nachweisbaren Zusammenhang befindet sich gleich in der Nachbarschaft der großen Viereckschanze auch ein größerer Grabhügel aus der älteren Hallstattzeit von 750 bis 450 v.Chr.
Besonders interessant war für die historischen Wanderer der Stopp bei der künftigen Ausfahrt Schierling-Nord der B 15neu. Hier erläuterte Alfred Reichenberger aus bis dato nicht publizierten Fundberichten über die archäologischen Ausgrabungen im Bereich der B 15neu. Sie reichten von Grabhügeln der mittleren Bronzezeit (1.550-1.250 v.Chr.) beim Deutenhof über eine kleine Siedlung aus der Latène-Zeit im Bereich der Kleinen Au bis zu umfangreicheren Spuren von der Jungsteinzeit (ca. 3.500-2.000 v.Chr.) und Bronzezeit (1.800-750 v.Chr.) bis zur Hallstattzeit mit einem bemerkenswerten Körpergrab aus der Jungsteinzeit. Die damaligen Siedlungen befanden sich nach Archäologen-Auskunft an den Terrassenkanten der Großen Laber-Aue und des Paringer Baches zum Schutz vor Überschwemmungen. Interessant fand Dr. Reichenberger die Siedlungsfunde aus der Latène-Zeit im Bereich der kleinen Au an einer erhöhten Stelle im flachen Auen-Niveau. Er schloss einen Zusammenhang mit der dortigen Fundstelle eines Rasenerzabbaues.
Im letzten Teil führte die historische Wanderung zur „Römerbrücke“ über den Deggenbach in Unterdeggenbach. Wie Dr. Reichenberger recherchiert hatte, stammt diese Brücke frühestens aus dem späten 15. Jahrhundert. Allerdings sei die Verknüpfung mit den Römern und Bajuwaren nicht so abwegig, da es sich bei „Ochsenstraße“ um einen sehr alten Handelsweg im Ost-West-Verkehr handle, der zwischen Alburg und Neustadt den Schwenk der Donau über Regensburg abgekürzt habe, und der weit in die Vorgeschichte zurückreichen dürfte. Die Verbindung zu den Römern hielt er angesichts der entdeckten römischen Villa rustica beim Mauernhof, dem römischen Bronzefund eines Merkur bei Rogging und zahlreichen Bodenfunden aus der Römerzeit in der Zaitzkofener und Rogginger Flur für durchaus legitim.
Die historische Exkursion endete, zumindest was den Außenbereich betraf, bei den Grabhügeln bei Roflach an der Straße von Oberdeggenbach nach Hörgelsdorf. Hier erläuterte der Archäologe noch einmal wichtige Merkmale der Frühgeschichte und berichtete über den Fund der Himmelsscheibe von Nebra und die Ausgrabungen von Niedereula.
Den endgültigen Abschluss bildete dann ein „Sitin“ mit Speis und Trank in der Eggmühler Gaststätte „Napoleon“. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der historischen Wanderung zeigten sich darüber begeistert, auf diesem Wege aus Expertenmund mehr über die historischen Wurzeln ihrer Heimat erfahren und erlebt zu haben.