Von Siegern lernen: Auf die Bürger hören!
SPD-Ortsvereine informierten sich über sozialdemokratische Kommunalpolitik
Anlässlich der Jahresschlusssitzung des AK-Labertal in Geiselhöring luden sich die SPD-Ortsvereine den SPÖ-Bürgermeister Erich Rippl aus Lengau ein und informierten sich über dessen erfolgreiche Kommunalpolitik. Der Gast aus Oberösterreich, u.a. auch Mitglied des Landtags in Linz, zeigte sich beeindruckt von der Arbeit des AK Labertal und sparte nicht mit Lob für die beispielhaften Ideen und Aktionen, die er gerne auch in seinem Einflussbereich bekannt machen werde.
Die Gemeinde Lengau mit ihren 4.630 Einwohnern liegt im politischen Bezirk Braunau am Inn, Oberösterreich. Mit 58,2 km² ist die Gemeinde flächenmäßig nicht nur die größte des Bezirkes Braunau, sondern sogar des gesamten Innviertels. Das Gemeindegebiet umfasst 30 Orte, davon 3 Hauptorte: Friedberg, Lengau und Schneegattern. Friedburg gilt als Verwaltungsmittelpunkt der Gemeinde. Dort waren und sind die Ämter und Behörden, wie Post, Polizei, Hauptschule und eben auch das Gemeindeamt angesiedelt. Die Struktur in Lengau war bis zur Ansiedlung der Fa. Palfinger eher bäuerlich dominiert, entwickelte sich in den letzten Jahren jedoch mehr und mehr zu einem Industriestandort. Als ehemaliger Sitz der Pfarre wurde Lengau auch Mittelpunkt der politischen Gemeinde. Schneegattern ist im Wesentlichen als Industrieort bekannt, vor allem durch die dortige Glasproduktion.
Wir wuchern mit unseren Pfunden
Erich Rippl präsentierte seine Gemeinde in der für die Österreicher typischen Begeisterung und stellte in einem kurzweiligen Vortrag seine Schwerpunkte in der sozialdemokratisch geprägten Kommunalpolitik vor. „Die Gemeinde Lengau ist kein typischer Fremdenverkehrsort, aber wir wuchern mit unseren Pfunden“, so Erich Rippl. Ob nun der „Riese von Lengau“ – den gab es wirklich! Frank Winkelmeier lebte in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts und maß vom Scheitel bis zur Sohle 2,58 Meter - oder der durch die Gemeinde laufende Europäische Pilgerweg VIA NOVA sowie die reizvolle Landschaft, die Gemeinde ziehe aus allem einen Gewinn, in dem sie die kulturellen und landschaftlichen Besonderheiten entsprechende schätze und gezielt vermarkte, so der erfolgreiche Bürgermeister. Ähnlich wie der SPD-Mann Michl Adam in Bodenmais, konnte Erich Rippl bei der letzten Wahl, entgegen dem Landestrend die Position seiner SPÖ im Ort ausbauen und sein Mandat unangefochten gegen zwei Mitbewerber verteidigen. Sein Erfolgsrezept wurde schnell deutlich: „Auf die Bürger hören, mit ihnen zusammen neue Projekte entwickeln und bei der Umsetzung eng mit allen Kräften in der Gemeinde zusammenarbeiten.“ Was Erich Rippl schnell erkannt habe, als er zum ersten Mal als Bürgermeister gewählt wurde, hätten viele unserer Mandatsträger bis heute noch nicht erkannt, so AK-Sprecher Rainer Pasta in seiner Zusammenfassung am Ende des Vortrags. Erich Rippl machte deutlich, dass es nicht möglich sein, den Bürgerinnen und Bürgern „etwas von oben aufzusetzen“ und der größte Fehler, den ein Bürgermeister machen könne, sei es, sich auf ein paar wenige – wenn auch aus der eigenen Partei – zu verlassen, so der SPÖ-Mann.
Wie es nun in seiner Gemeinde aussieht und was er in den letzen Jahren auf den weggebracht hat, ist beeindruckend: „ Drei Kindergärten, drei Volksschulen und eine Hauptschule sorgen für die Ausbildung unserer jüngeren Gemeindebürger. Der Hort und das Jugendzentrum ergänzen das Angebot. Ein wunderbares Erholungsgebiet, mehrere Spiel- und Sportanlagen aber auch ein Kneippweg und ein Fitnessparcours stehen jedem zur Benützung zur Verfügung. Mehr als 45 Vereine bestimmen unser Gesellschaftsleben. Darunter sind auch fünf Feuerwehren die uns in Notfällen helfen. In jedem der drei Hauptorte gibt es einen Nahversorger. Für ärztliche Hilfe in der Gemeinde sorgen zwei praktische Ärzte (mit Hausapotheke) und der Zahnarzt. Trotzdem greift die Kommune immer wieder wichtige Themen auf und kreiert zusammen mit den Bürgern neue Angebote, die unabhängig von bestehenden Organisationen (Vereine oder Parteien) von allen gerne angenommen werden.
Unsere Forderung: pro 1000qm Gewerbefläche drei Arbeitsplätze
In der Gemeinde Lengau haben sich im Laufe der Zeit 140 Betriebe angesiedelt, welche insgesamt ca. 1.440 Mitarbeiter beschäftigen, davon 102 Lehrlinge (Stand: Mai 2010). Das Verhältnis der Einpendler (878) und den ortsansässigen Mitarbeitern (719) hält sich in etwa die Waage. Die Wirtschaftsförderung und Unterstützung der Firmen wird in der Gemeinde groß geschrieben. So wurde auch beschlossen die Kommunalsteuer für die Lehrlinge jährlich nach Antragstellung rückzuerstatten. Mit einem interkommunalen Gewerbegebiet ging Erich Rippl einen in Österreich bisher einmaligen Weg. Der Erfolg: ein gut angenommenes Gewerbebaugebiet und zwar rund 25 Kilometer entfernt von der nächsten Autobahn. „Bei uns dauert es von der Anfrage bis zum möglichen Baubeginn nur 6-8 Wochen, das ist ein Argument für Lengau“. Erich Rippl wollte dem sich ewigen Überbieten von Sonderzugeständnissen durch die Kommunen beim Buhlen um Gewerbebetriebe einen Riegel vorsetzen. Bei uns kostet der Quadratmeter 44 Euro – aber wir verschenken unseren wertvollen Baugrund nicht. Die Gemeinde fordert pro 1000qm Gewerbefläche drei Arbeitsplätze!
Mit den angrenzenden Kommunen hat der findige Bürgermeister eine ausgefeilte Kosten-Erstattungs-Vereinbarung ausgehandelt.
"Ich spare überall, nur nicht an der Bildung"
Das die Gemeinde das Prädikat „Familienfreundliche“ und „Gesunde Gemeinde“ ernst nimmt, glaubt man dem Bürgermeister sofort. So gibt es etwa einen so genannten Geburtenwald, wo frei nach dem Motto „Mit jedem neugeborenen Kind wird die Welt ein Stück reicher“ jährlich die neugeborene Gemeindemitglieder gefeiert werden – letztes Jahr waren es 37! „Jung sein – älter werden am Land“ - Chancengleichheit für Frauen und Männer in der Gemeindeentwicklung oder das Konzept für Senior/innenbetreuung „Alt werden – alt sein“ sind beispielhaft. Allein die unter dem „Leitbild ZEITBANK 55+“ organisierte Nachbarschaftshilfe beeindruckte die Zuhörer. Ein „Verein für Dorferneuerung“ – wegen der Fördermittel ergänzt Erich Rippl – und die energiesparenden Maßnahmen, wie etwa der Umbau und die Sanierung der Schulen sowie der Neubau des 1. Passivhaus-Kindergartens entlasten auf Dauer den Kommunalhaushalt. „Auch wir müssen sparen. Aber ich spare überall, nur nicht an der Bildung, denn wenn wir eine Chance haben, die Aufgaben der Zukunft zu bewältigen, dann mit gut ausgebildeten, motivierten jungen Leuten. Das wir hierbei keinen wegen seiner Herkunft oder Neigungen ausgrenzen, versteht sich von selbst“, so der engagierte Bürgermeister.
In der anschließenden Diskussion lag der Schwerpunkt bei der vorbildlichen Bürgerbeteiligung, die Erich Rippl an vielen beispielen erläuterte. Aber auch die Erfahrungen mit dem Europäischen Pilgerweg VIA NOVA sowie der Passivhaus-Kindergarten interessierten die Zuhörer. Auf jeden Fall will der AK Labertal im April nach Langau fahren und sich vor Ort von den Ideen des Erich Rippl inspirieren lassen. MdL Johanna Werner-Muggendorfer fasste die Präsentation im Namen aller treffend zusammen. „Da meinst du, du weißt schon alles, aber dann kommst du zum AK Labertal und nimmst einen ganzen Sack voll neuer Ideen und Beispiele mit nach Hause. War ich am Anfang skeptisch, ob wir einen neuen AK Labertal in der SPD brauchen. Nun bin ich restlos überzeugt: Was ihr hier macht ist toll und sucht seinesgleichen. Macht weiter so!“