Freitag, 25. März 2011
Ehrlicher Paradigmenwechsel in der Energiepolitik? -Die Angst der CSU und FDP vor den Wählern
Wenn man den Ankündigungen der Staatsregierung glauben kann, so hat sie seit der nuklearen Katastrophe in Japan eine 180-Grad-Drehung in ihrer Energiepolitik vollzogen. Der zuvor über Jahrzehnte lang eingeschlagene energiepolitische Irrweg der Staatsregierung, aber auch die Äußerungen von Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle lassen jedoch berechtigte Zweifel an einem ehrlichen Paradigmenwechsel aufkommen. Dazu Ludwig Wörner, der energiepolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion: „CSU und FDP handeln nicht aus Überzeugung, sondern aus Furcht vor den Wählern bei anstehenden Landtagswahlen“. Das zeige auch deren Abstimmungsverhalten bei energiepolitischen Fragen in den letzten Jahren im Bayerischen Landtag. Die SPD-Landtagsfraktion hat in den vergangenen Jahren unzählige Anträge gestellt, um die Energiewende hin zu den Erneuerbaren Energien zügig voranzutreiben. Allesamt wurden von CSU und FDP niedergebügelt. Wörner: „Das rächt sich nun, da wir beim Umstieg auf Erneuerbare Energien ansonsten schon viel weiter wären“.
Nach Atomausstieg werden die Lichter nicht ausgehen
Seit vielen Jahren warnt die SPD-Landtagsfraktion gebetsmühlenartig vor den Gefahren der Kernenergie und hat dazu zahllose parlamentarische Initiativen in den Landtag eingebracht. Dass das Kernkraftwerk Isar 1 nicht einmal dem Absturz eines Flugzeuges vom Typ A320 standhält, ist nicht erst seit der Katastrophe in Japan bekannt. Noch im September 2010 hatte die SPD-Landtagsfraktion einen Dringlichkeitsantrag zur Abschaltung von Isar 1 gestellt, der jedoch wie gewohnt von Schwarz-Gelb niedergestimmt wurde. Wie so oft wurde jedwede Kritik der Opposition als „ideologisch“ abgekanzelt.
Nun wird von interessierter Seite bereits wieder vor einer angeblichen Stromlücke oder vor horrenden Strompreisen gewarnt. Dazu Ludwig Wörner:
„Momentan sind acht Kernkraftwerke vom Netz und es funktioniert immer noch alles. Hätten CSU und FDP mit ihrer Panikmache über all die Jahre Recht gehabt, müssten ja längst die Lichter aus sein. Wenn die Atomkonzerne es nicht absichtlich auf einen Blackout anlegen, um der Öffentlichkeit vorzugaukeln, dass die Kernkraftwerke unersetzlich sind, werden bei uns die Lichter aber nicht ausgehen.“
Erneuerbare Energien
Die von Schwarz-Gelb beschlossenen Laufzeitverlängerungen für die Kernkraftwerke führen zu einer Verstopfung der Stromnetze und bremsen die Erneuerbaren Energien auf Jahrzehnte aus. Doch nicht nur damit haben CSU und FDP versucht, die Erneuerbaren Energien klein zu halten: Sowohl bei der Einführung im Jahr 2000 als auch bei der Novellierung 2004 haben beide Parteien gegen das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) gestimmt.
Die SPD-Landtagsfraktion dagegen hat in den vergangenen Jahren Dutzende Anträge mit dem Ziel einer besseren Förderung der Erneuerbaren Energien gestellt. Die Staatsregierung wurde dabei unter anderem aufgefordert
- eigene Förderprogramme aufzulegen,
- Forschung und Entwicklung verstärkt zu fördern,
- der Bedeutung der Erneuerbaren im Landesentwicklungsplan Rechnung zu tragen,
- im besonderen Maße Geothermieprojekte zu fördern,
- Modellregionen für Erneuerbare Energien zu schaffen (Energieautarke Gemeinden),
- gesetzliche Hemmnisse für den Ausbau der Erneuerbaren abzuschaffen.
Jahrelange Wind-Blockadepolitik der Staatsregierung
Hinzu kamen ganz konkrete Haushaltsanträge, um die dringend benötigten Mittel in diesen Bereichen bereitzustellen. CSU und FDP haben jedoch jede einzelne dieser parlamentarischen Initiativen abgelehnt.
Vor allem für den Abbau von Hemmnissen für die Windenergie in Bayern hat sich die SPD-Landtagsfraktion in den letzten zehn Jahren stark gemacht. Diese wird durch bestehende Abstandsflächenregelungen und die Flächenausweisungspraxis durch die CSU bewusst klein gehalten. Eine aktuelle Bundesländer-Vergleichsstudie zum Ausbau der Erneuerbaren Energien von DIW und ZSW legt das Ergebnis der jahrelangen Wind-Blockadepolitik seitens der Staatsregierung schonungslos offen: Bei der Stromerzeugung aus Windenergie liegt Bayern in Bezug auf das vorhandene Potenzial bundesweit auf dem vorletzten Platz. Beim Zubau zwischen 2005 und 2009 ist Bayern sogar deutschlandweites Schlusslicht.
Eine dezentrale Energieversorgung mit vielen kleinen und mittleren Stromproduzenten würde auch endlich zu mehr Wettbewerb auf dem Strommarkt führen. Die vier Atomkonzerne sind nichts anderes als ein Kartell. Für Ludwig Wörner ist es daher unbegreiflich, warum ausgerechnet die marktliberale FDP dieses Kartell um jeden Preis aufrechterhalten will.
Stromspeicher
Für die durch den Ausbau der Erneuerbaren Energien erforderlichen Änderungen bei der Bereitstellung von Grund-, Mittel- und Spitzenlast ist neben dem Netzausbau sowie einem intelligenten Netzmanagement der Ausbau der Stromspeicherkapazitäten vonnöten. Mit einem Wirkungsgrad von etwa 75 Prozent bieten Pumpspeicherkraftwerke zurzeit die effizienteste Möglichkeit, Strom in großen Mengen zu speichern. Die SPD-Landtagsfraktion hatte die Staatsregierung daher in einem Dringlichkeitsantrag aufgefordert, zu sondieren, wo in Bayern weitere Pumpspeicherkraftwerke möglich wären. CSU und FDP wollten jedoch selbst die bloße Prüfung unterbinden und lehnten ab.
Wasserkraft
Die sogenannte regenerative Erfolgsstory Bayerns beruht in erster Linie auf Altanlagen der Wasserkraft, geplant und gebaut durch unsere Vorväter. Rechnet man deren Anteil aus der Gesamtbilanz der regenerativ erzeugten Energie heraus, liegt Bayern nur im hinteren Mittelfeld des erzeugten Stroms aus regenerativen Anlagen. Allein das Potential der Wasserkraft könnte um bis zu 20 Prozent gesteigert werden. Ganz zu schweigen von den vielen Kleinanlagen (Mühlen und Wasserräder in Bayern), die durch wasserrechtliche Genehmigungsverfahren daran gehindert werden wieder ans Netz zu gehen.
Fazit: Bevor man seitens der Staatsregierung – wie beispielsweise in Person von Umweltminister Söder – schon wieder nach Milliardenförderungen für Erneuerbare Energien vom Bund schreit, sollte sich Söder erst wieder an das Erlernte aus der Enquete-Kommission 2000 erinnern, diese umsetzen und seine Hausaufgaben in Bayern erledigen. Dazu SPD-Energieexperte Wörner:
„CSU und FDP haben in den vergangenen Jahren im Bereich der Energiepolitik jeden fundierten Antrag von uns niedergestimmt. Die nun vermeintlich erfolgte Umkehr ist eine Bankrotterklärung der bisherigen Energiepolitik der Staatsregierung. Die SPD-Landtagsfraktion wird ihre Anträge zum raschen Ausbau erneuerbarer Energien basierend auf einem Gutachten, das die SPD-Landtagsfraktion schon vor längerer Zeit vergeben hat, wieder in den Bayerischen Landtag einbringen. Die SPD-Fraktion hofft, dass CSU und FDP sich endlich ihrer Verantwortung bewusst werden und an einer zukunftsfähigen Energieversorgung Bayerns mitarbeiten.“