Donnerstag, 14. April 2011
Bis Ende 2009 gab es in Bayern das Bauaufträgevergabegesetz. Es regelte die Vergabe öffentlicher Bauaufträge dergestalt, dass von den Auftragnehmern ausdrücklich die Erklärung gefordert wurde, sich an geltende Tarifverträge zu halten. Der SPD-Wirtschaftsexperte Dr. Paul Wengert hatte schon bei der Debatte um die Aufhebung dieses Gesetzes im Dezember 2009 erklärt, es gebe "null Anlass für diesen Landtag, auf die von ihm im Jahr 2000 beschlossene Einforderung von Tariftreueerklärungen zu verzichten. Das schade den im Wettbewerb stehenden bayerischen kleinen und mittleren Baubetrieben, die anständige Löhne zahlen und möglicherweise bei Ausschreibungen, weil sie deshalb teurer anbiete, „hinten herunterfallen“, so Wengert damals.
Nun hat die SPD-Fraktion einen Entwurf für ein "Gesetz zur Sicherung von Tariftreue und Mindestlohn, ökologischer Kriterien und Frauenförderung bei Auftragsvergaben des Freistaats und der Kommunen - Bayerisches Vergabegesetz" im Landtag eingebracht, der heute im Wirtschaftsausschuss federführend beraten wurde.
Nach dem Gesetzentwurf sollte eine Bindung an die nach dem Arbeitnehmerentsendegesetz fixierten Löhne bzw. an die in Bayern für Tarifvertragsparteien geltenden Lohntarife in Ausschreibungen von Leistungen des öffentlichen Personennahverkehrs erfolgen. Soweit es für bestimmte Branchen keine Tarifverträge gibt oder die dort vorgesehenen Tariflöhne diesen Betrag unterschreiten, soll ein Mindestlohn von 8,50 Euro gelten.
Die Beachtung ökologischer Kriterien, die Frauenförderung und die positive Berücksichtigung der Lehrlingsausbildung runden den SPD-Gesetzentwurf ab. Der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Fraktion erklärte, die Beschäftigung zu Löhnen, die durch Sozialleistungen aufgestockt werden müssten, dürfe nicht noch durch den Zuschlag bei der Vergabe öffentlicher Aufträge gefördert werden. Wengert: "Es muss Schluss sein damit, dass Firmen ihren Beschäftigten Hungerlöhne zahlen, um so einen Wettbewerbsvorteil zu erlangen.“ Die SPD wolle nicht, dass auf diese Weise Wettbewerbsvorteile entstünden. "Wir wollen die heimische Wirtschaft vor Billigkonkurrenz schützen und den Beschäftigten existenzsichernde Löhne gewährleisten. Wir wollen einen fairen Wettbewerb, in dem Zuverlässigkeit, Leistungsfähigkeit, Fachkunde und faire Preise entscheidend sind", so Wengert. Alle denkbaren Streitfragen im Hinblick auf das europäische Gemeinschaftsrecht, Grundgesetz, Bayerische Verfassung sowie die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs seien geprüft worden.
Harte Kritik übte der SPD-Wirtschaftssprecher an der Staatsregierung. Vor drei Jahren habe das Innenministerium "im bayerischen Landtag vorbei" den Vollzug des Bauauftragsvergabegesetzes ausgesetzt, das vom Landtag vor gut zehn Jahren einmalig beschlossen worden sei. Noch in der Ausschussberatung im Wirtschaftsausschuss im Dezember 2009 habe der Vertreter der Staatsregierung erklärt, eine Gesetzesänderung EU-konform gestalten zu wollen. "Passiert ist seitdem aber nichts", so Wengert. Die acht Vertreter der CSU-Fraktion schwiegen dazu - betroffen und zugleich beredt. Sie überließen es FDP-Mann Kirchner, die Ablehnung seitens der Regierungskoalition zu formulieren.
"In Bayern sei bereits alles geregelt", meinte dieser und der SPD-Entwurf greife im Übrigen in die Tarifhoheit ein, was Wengert unter Hinweis auf den im Gesetzestext klar formulierten Vorrang der tariflichen Vereinbarungen zurückwies und konterte: "Ihr Vortrag zeigt, wie weit die FDP von der Arbeitswelt und Arbeitswirklichkeit - auch und besonders im Handwerk - weg ist." Auch dazu schwieg die CSU, kein einziger ihrer Abgeordneten wollte dem FDP-Mann beispringen und Wengert widersprechen. Im Gegensatz zu der Mehrzahl der deutschen Länder wird es in Bayern nun kein Vergabegesetz geben.