„Der Friede und die Freiheit sind die Garantien des Glücks der Völker, und der Aufbau der Welt auf neuen Grundlagen sozialer und nationaler Gerechtigkeit ist der einzige Weg zur friedlichen Zusammenarbeit der Staaten und Völker… Im Gedenken an das vergossene Blut aller Völker, im Gedenken an die Millionen durch den Nazifaschismus ermordeten Brüder geloben wir, dass wir diesen Weg nie verlassen werden. Auf den sicheren Grundlagen internationaler Gemeinschaft wollen wir das schönste Denkmal, das wir den gefallenen Soldaten der Freiheit setzen können, errichten: "DIE WELT DES FREIEN MENSCHEN". Wir wenden uns an die ganze Welt mit dem Ruf: Helft uns bei dieser Arbeit! Es lebe die internationale Solidarität! Es lebe die Freiheit!“
Mit diesem Ausschnitt aus dem bewegenden Mauthausen-Schwur (KZ-Verband/VdA OÖ) der ehemaligen KZ-Häftlinge ist Motiv und Aufgabe der Erinnerungsarbeit beschrieben, der sich die Gemeinden von Flossenbürg und Mauthausen ebenso verpflichtet fühlen wie ihre sozialdemokratischen Vereine, besonders aber auch der SPD-Arbeitskreis Labertal.
Begonnen hatte alles im Juni 2010, als der SPD-Arbeitskreis auf Einladung des SPÖ-Landesvorsitzenden und Landeshauptmann Josef „Joschi“ Ackerl Linz und Mauthausen besuchten. Es war nicht nur der herzliche Empfang durch Mauthausens 1. Bürgermeister Thomas Punkenhofer und den Kulturreferenten bzw. Vorsitzenden des Gedenkvereins „perspektive mauthausen“, Walter Hofstätter, für die Gäste aus dem Labertal, der diese veranlasste, den Kontakt zu den Mauthausener Parteifreunden nicht abreißen zu lassen. Es war vor allem die Führung durch die KZ-Gedenkstätte Mauthausen, die die Gäste aus Bayern ebenso tief bewegte wie die Gedenkfeier in der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg Anfang Mai 2010. Im anschließenden Gespräch wurde allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern schnell bewusst, dass die Erinnerungsarbeit nicht nur auf die Leitungen der Gedenkstätten beschränkt sein dürfe. Dabei stellte sich heraus, dass es zwischen Flossenbürg und Mauthausen, auch zwischen den sozialdemokratischen Vereinen vor Ort, noch keinerlei Kontakte gegeben hatte.
Dabei haben beide Gedenkstätten vieles gemeinsam: Beide Konzentrationslager wurden im gleichen Jahr 1938 errichtet. Zu allererst waren Gegner der Nationalsozialisten in beiden Lagern zum Tod durch Arbeit verurteilt, in Mauthausen nach der Besetzung Österreichs im März 1938 österreichische Antifaschisten und in Flossenbürg nach dem Anschluss des Sudetenlandes im Herbst 1938 dessen sozialdemokratische Nazi-Gegner und tschechische Bürger. Denn beide KZ-Lager verfügten über große Granitsteinbrüche, in denen sich zehntausende Menschen zu Tode schufteten. Im KZ Mauthausen waren es über 100.000 tote Häftlinge, in Flossenbürg über 30.000. Die Brutalität der SS unterschied sich nicht im geringsten. Das Leiden und Sterben war gleich.
Der berüchtigte Apellplatz des ehemaligen KZ Flossenbürg:
Bis heute hat sich dieser Schauplatz des Schreckens, an dem unzählige Opfer bestialisch gequält und zu Tode gekommen sind, in das Gedächtnis der Häftlinge eingebrannt.
Bürgermeister Thomas Punkenhofer und Walter Hofstätter nahmen deshalb die Einladung von Rainer Pasta sofort an, im nächsten Jahr Flossenbürg zu besuchen. Die Koordination übernahm Martin Auer, als ehemaliger Oberpfälzer SPD-Bezirksgeschäftsführer fast 20 Jahre mit der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg und der örtlichen SPD bestens vertraut. Er stellte die Verbindung zwischen dem Flossenbürger SPD-Ortsvorsitzenden Roman Schell und seinem Mauthauser Kollegen Walter Hofstetter her und organisierte das Programm für die Studienreise des Vereins „perspektive mauthausen" am ersten Novemberwochenende 2011.
Letzte Vorbereitungen wurden am Rande des SPÖ-Landesparteitages in Linz im Oktober von Arbeitskreis-Sprecher Rainer Pasta und Martin Auer mit Mauthausens Bürgermeister Thomas Punkenhofer besprochen.
KZ Flossenbürg – dem Vergessen entrissen. Jetzt Leuchtfeuer für Freiheit und Frieden!
Die KZ-Gedenkstätte Flossenbürg war die erste Station des zweitägigen Oberpfalz-Besuches der Delegation aus Mauthausen unter der Leitung von Bürgermeister Thomas Punkenhofer und Walter Hofstetter. Begrüßt wurde sie vom SPD-Ortsvorsitzenden Roman Schell und von den Arbeitskreis-Vertretern Rainer Pasta, Armin Buchner und Martin Auer. Karsten Dierks erläuterte den Gästen aus Oberösterreich beim Rundgang das Gelände und die Geschichte des KZ von 1938 bis 1945. Besondere Erinnerungsstätten wie die Todesbaracke, das Tal des Todes mit seinen Massenhinrichtungen und das Krematorium beeindruckten diese ebenso tief wie der anschließende Rundgang durch die beiden Ausstellungen mit dem Überblick über die Zeit des Terrors und zur Zeit der Entwicklung der Erinnerungskultur in der Nachkriegszeit.
Eine der Ausstellungen im ehemaligen Wirtschaftsgebäude zeigt das Leben der KZ-Insassen vor der Inhaftierung in fröhlichen Bildern. Die Welt war für diese meist jungen Menschen damals noch in Ordnung und das Leben hatte für sie noch viel zu bieten. Der nationalsozialistische Terror beendete ihre Lebensträume mit brutaler Gewalt.
Im Rathaus gab es dann einen regen Gedankenaustausch zwischen dem Gastgeber, 1. Bürgermeister Hans Kick, und seinem Kollegen Punkenhofer. Kick stellte zuerst kurz seine Gemeinde vor und schilderte anschließend ausführlich den schwierigen Weg von der „vergessenen“ Gedenkstätte hin zu einem Erinnerungs- und Begegnungsort, der inzwischen weltweit Anerkennung findet. Es sei für die Bürgerschaft nicht einfach gewesen, mit einem solchen Erbe leben zu müssen. Aber inzwischen sehe man sich in der Rolle als Botschafter für Menschlichkeit und Freiheit vor allem für die zehntausende jungen Menschen, die die Gedenkstätte alljährlich besuchten. Immer müsse die Würde des Menschen im Mittelpunkt stehen, so Bürgermeister Hans Kick. Die Hochachtung und der Respekt, mit denen über viele Jahrzehnte den ehemaligen Häftlingen und deren Angehörigen begegnet werde, würde von diesen mit großer Dankbarkeit und Wertschätzung für die Erinnerungsarbeit der Gemeinde beantwortet. Hans Kick brachte auch das Anliegen zur Sprache, dass es kein zu großes Gefälle zwischen dem hohen Niveau der Gedenkstätte und der Entwicklung des gesamten Ortes geben dürfe. Er setzt dabei große Hoffnung auf die Städtebauförderung.
Die Gemeindevertreter von Flossenbürg und Mauthausen mit der Delegation der "perspektive mauthausen" und des Arbeitskreises Labertal im Sitzungssaal des Flossenbürger Rathauses.
(sitzend v.l.: Flossenbürgs 1. Bürgermeister Hans Kick, Walter Hofstätter, Vorsitzender des Gedenkvereins "perspektive mauthausen", Thomas Punkenhofer, 1. Bürgermeister Mauthausen und der ehem. Bezirksgeschäftsführer der OberpfalzSPD, Martin Auer)
Vor der Eintragung ins Goldene Buch stellte Bürgermeister Thomas Punkenhofer viele Gemeinsamkeiten bei den Erfahrungen im Umgang mit dem Erbe der KZ-Gedenkstätten zwischen Mauthausen und Flossenbürg fest: „Geschichte lässt sich nicht wegdiskutieren. Umso wichtiger ist es, mit ihr sorgsam, offen und verantwortungsbewusst umzugehen. Das wird in Flossenbürg vorbildlich praktiziert.“ Punkenhofer betonte auch die Wichtigkeit der internationalen Zusammenarbeit gegen den immer stärker werdenden Rechtsextremismus.
Der Erfahrungs- und Meinungsaustausch wurde dann am Abend in der Schloßberg-Gaststätte fortgesetzt. Dabei waren auch der Vorsitzende des Fördervereins für die KZ-Gedenkstätte, Altbürgermeister Johann Werner, Gemeinderat und Rundgangsleiter Alexander Högen, SPD-Ortsvorsitzender Roman Schell sowie der Arbeitskreis Labertal. Deren Sprecher Rainer Pasta sprach in seinem Grußwort die Bedeutung dieses ersten Treffens zwischen Mauthausen und Flossenbürg ebenso an wie Roman Schell. Altbürgermeister Johann Werner schilderte den Gästen aus Mauthausen ausführlich die Arbeit des Fördervereins der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg. „Perspektive-Mauthausen“-Vorsitzender Walter Hofstätter stellte die Arbeit und die Ziele seines Gedenkvereins vor. Bei den vielen angesprochenen Themen verzeichnete ein Umstand absolute Übereinstimmung: Ehemaligen Häftlingen und den Hinterbliebenen der KZ-Opfer zu begegnen oder auch junge Leute für eine Zukunft in Frieden und Freiheit zu gewinnen, erfüllt mit tiefer Zufriedenheit und wiegt viele Nachteile auf. Als ein Ergebnis dieses Treffens nahm Bürgermeister Hans Kick mit nach Hause: Ich werde der Einladung zum Gegenbesuch gerne Folge leisten. Ich möchte Mauthausen und seine Menschen näher kennenlernen.“
Gemeinsames Gruppenfoto am Gedenkstein der OberpfalzSPD für die verfolgten Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten im KZ Flossenbürg.
"Zu Regensburg nicht auf der Kirchturmspitz kamen der AK und Mauthausen zamm".
Einen zweiten Höhepunkt des Besuches aus Mauthausen gab es dann am Sonntag in Regensburg. Der Arbeitskreis Labertal, verstärkt dieses Mal durch die Langquaider Delegation mit der SPD-Vorsitzenden Kirsten Reiter, Marktrat Robert Mehrl und Udo Berke sowie durch die Schierlinger SPD-Ortsvorsitzende Madlen Melzer, empfing die Gäste aus Mauthausen auf dem Domplatz. Von dort ging es dann zum Alten Rathaus. Im Rahmen einer Stadtführung, die 3. Bürgermeister Joachim Wolbergs organisiert hatte, wurde den Gästen aus Mauthausen die alte Reichsstadt an der Donau vorgestellt.
Die SPD-Vertreter aus Schierling und Langquaid lauschten den Ausführungen des Stadtführers über die Regensburger Stadtgeschichte ebenso gespannt wie die Gäste aus Oberösterreich.
Mit Österreich verbindet nämlich die gemeinsame Jahrhunderte alte Reichsgeschichte am gemeinsamen blauen Strom, wobei die Erinnerung an den dritten, von Regensburg ausgehenden, Kreuzzug unter Führung des Kaisers Friedrich I. Barbarossa 1189/1990 bei den geschichtsbewussten Mauthausenern durchaus gemischte Gefühle auslöste. Friedrich Barbarossa hatte nämlich mit Mauthausen kurzen Prozeß gemacht, als es von den Kreuzfahrern Maut für den Weiterzug verlangte, und den Ort umgehend in Brand gesteckt.
Nach dem Stadtrundgang trafen sich die Gäste im Kneitinger-Bräuhaus mit Bürgermeister Joachim Wolbergs. Dieser begrüßte die Delegation im Namen der Stadt und überreichte an Bürgermeister Thomas Punkenhofer und Walter Hofstätter kleine Präsente. Dass man sich im Leben in der Regel nicht nur einmal sieht, darüber waren sich die Bürgermeister aus Regensburg und Mauthausen schnell einig. Letzterer war durch den Besuch in der Welterbe-Stadt „auf den Geschmack“ gekommen, Regensburg näher kennenzulernen und sein Flair zu genießen, während sich Wolbergs den Besuch der KZ-Gedenkstätte und des Ortes Mauthausen fest vornahm.
Mit den Gästen aus Mauthausen auf den Eingangsstufen des "Alten Rathauses" in der Regensburger Altstadt
Abschließend besprachen Thomas Punkenhofer, Walter Hofstätter und Martin Auer die nächsten gemeinsamen Projekte. Schließlich jährt sich im Jahr 2013 zum 75. Mal der Bau der beiden Konzentrationslager Flossenbürg und Mauthausen: Genügend Anlass für die gemeinsame Erinnerungsarbeit, die der Arbeitskreis Labertal nach Kräften unterstützen will.
Es gibt auch die andere Seite von Flossenbürg:
(li.) Sonnenuntergang vor der romantischen Burgruine
(re.) Die Natur erobert sich einen Teil des ehemaligen Lager-Geländes zurück