Schierling, den 10. Mai 2010
Antrag gem. § 25 der Geschäftsordnung des Marktgemeinderates
Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
die Frage der Nachnutzung des ehemaligen Munitionshauptdepots Schierling findet in der Bevölkerung große Beachtung. Wie die Diskussionen in der Lenkungsgruppe und in Veranstaltungen gezeigt haben, befürwortet eine breite Mehrheit der Bevölkerung eine Nachnutzung der MUNA im Bereich der Freizeit, Naherholung, Tourismus sowie Gewerbe unter der Prämisse einer überwiegenden freien Zugänglichkeit.
Die Fläche des ehemaligen Munitionsdepots ist in den Flächennutzungsplänen noch als „Sondergebiet Bundeswehr“ ausgewiesen. Diese Feststellung ist überholt und bedarf einer Aktualisierung in der Bauleitplanung, um dem Eigentümer, dem Bund und seines mit der Veräußerung beauftragten Unternehmens BIMA eine klare Orientierung dafür zu geben, für welche Art der Konversion des ehemaligen militärischen Liegenschaft sich die Marktgemeinde entscheidet. Der Bürgermeister hat richtigerweise in der Öffentlichkeit auf die Planungshoheit der Gemeinde hingewiesen. Diese muss aber rechtzeitig und deshalb frühzeitig wahrgenommen werden.
Aus diesem Grunde stellt die SPD-Marktratsfraktion folgenden Antrag zur Vorlage an den Marktgemeinderat in der nächsten Sitzung:
Der Marktgemeinderat möge beschließen:
1. Der Marktgemeinderat räumt der Nachnutzung der Liegenschaft „ehemaliges Munitionshauptdepot“ in den Kategorien Freizeit, Naherholung, Tourismus und Gewerbe und Handwerk die größte Priorität ein.
2. Aus diesem Grunde beschließt der Marktgemeinderat eine umgehende Änderung des bestehenden Flächennutzungsplanes mit der in 1) beschriebenen Festlegung und beauftragt den Bürgermeister mit der unverzüglichen Einleitung des Verfahrens gem. §§ 1 bis 5 Baugesetzbuch für den vorbereitenden Bauleitplan. Mit diesem Verfahren ist eine frühzeitige Bürgerbeteiligung und Prüfung der Umweltfolgen und der Verkehrserschließung verbunden.
3. Zur Vorbereitung des verbindlichen Bauleitplanes (Bebauungsplan) beschließt der Marktgemeinderat, eine Machbarkeitsstudie für die genannte Liegenschaft in Auftrag zu geben, möglicherweise im Rahmen der Ausschreibung eines Ideenwettbewerbes.
4. Zur weiteren Vorbereitung des verbindlichen Bauleitplanes wird der Bürgermeister beauftragt, den Marktgemeinderat in der nächsten Marktratssitzung mit schriftlicher Vorlage über die Möglichkeiten und rechtlicher Folgen ergänzender Beschlüsse bzw. Maßnahmen wie Veränderungssperre (§§ 14 bis 17 Baugesetzbuch) und Vorkaufsrecht der Gemeinde (§§ 24 bis 28 Baugesetzbuch) zu unterrichten.
5. Der Marktgemeinderat beauftragt den Bürgermeister, die Fördermöglichkeiten für das MUNA-Nachnutzungskonzept zu prüfen und dieses Konversionskonzept zum Beispiel als Beitrag der Tourismus-Förderung im südlichen Landkreis Regensburg für das Leader-Förderprogramm der Europäischen Union (EU) anzumelden.
6. Der Marktgemeinderat fordert den Bürgermeister auf, ihn rechtzeitig über alle bei der BImA eingegangenen Ausschreibungsangebote umfassend zu unterrichten.
7. Der Marktgemeinderat fordert die BImA auf, vor dem Verkauf der Liegenschaft die vorhandenen Rüstungsaltlasten bzw. Kontaminierungen der Böden zu beseitigen bzw. die Kostenübernahme für die Entsorgung bei später bekannt werdenden Funden zuzusichern.
Begründung:
Zu 1.)
a) Artikel 141 Bayerische Verfassung:
„(1) 1 Der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen ist, auch eingedenk der Verantwortung für die kommenden Generationen, der besonderen Fürsorge jedes einzelnen und der staatlichen Gemeinschaft anvertraut. 2 Tiere werden als Lebewesen und Mitgeschöpfe geachtet und geschützt. 3 Mit Naturgütern ist schonend und sparsam umzugehen. 4 Es gehört auch zu den vorrangigen Aufgaben von Staat, Gemeinden und Körperschaften des öffentlichen Rechts,
- Boden, Wasser und Luft als natürliche Lebensgrundlagen zu schützen, eingetretene Schäden möglichst zu beheben oder auszugleichen und auf möglichst sparsamen Umgang mit Energie zu achten,
- die Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes zu erhalten und dauerhaft zu verbessern,
- den Wald wegen seiner besonderen Bedeutung für den Naturhaushalt zu schützen und eingetretene Schäden möglichst zu beheben oder auszugleichen,
- die heimischen Tier- und Pflanzenarten und ihre notwendigen Lebensräume sowie kennzeichnende Orts- und Landschaftsbilder zu schonen und zu erhalten.
(2) Staat, Gemeinden und Körperschaften des öffentlichen Rechts haben die Aufgabe,
- die Denkmäler der Kunst, der Geschichte und der Natur sowie die Landschaft zu schützen und zu pflegen,
- herabgewürdigte Denkmäler der Kunst und der Geschichte möglichst ihrer früheren Bestimmung wieder zuzuführen,
- die Abwanderung deutschen Kunstbesitzes ins Ausland zu verhüten.
(3) 1 Der Genuß der Naturschönheiten und die Erholung in der freien Natur, insbesondere das Betreten von Wald und Bergweide, das Befahren der Gewässer und die Aneignung wildwachsender Waldfrüchte in ortsüblichem Umfang ist jedermann gestattet. 2 Dabei ist jedermann verpflichtet, mit Natur und Landschaft pfleglich umzugehen. 3 Staat und Gemeinde sind berechtigt und verpflichtet, der Allgemeinheit die Zugänge zu Bergen, Seen, Flüssen und sonstigen landschaftlichen Schönheiten freizuhalten und allenfalls durch Einschränkungen des Eigentumsrechtes freizumachen sowie Wanderwege und Erholungsparks anzulegen.“
b) Baugesetzbuch:
„§ 1 Aufgabe, Begriff und Grundsätze der Bauleitplanung
(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern und die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln, auch in Verantwortung für den allgemeinen Klimaschutz, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln.
(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:
3. die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4. die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5. die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
7. die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a) die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b) die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c) umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d) umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e) die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f) die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g) die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h) die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von bindenden Beschlüssen der Europäischen Gemeinschaften festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i) die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a, c und d,
8. die Belange
a) der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b) der Land- und Forstwirtschaft,
c) der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d) des Post- und Telekommunikationswesens,
e) der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser,
f) der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9. die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10. die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11. die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12. die Belange des Hochwasserschutzes.
(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.
(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.
§ 1 a Ergänzende Vorschriften zum Umweltschutz
(1) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die nachfolgenden Vorschriften zum Umweltschutz anzuwenden.
(2) Mit Grund und Boden soll sparsam und schonend umgegangen werden; dabei sind zur Verringerung der zusätzlichen Inanspruchnahme von Flächen für bauliche Nutzungen die Möglichkeiten der Entwicklung der Gemeinde insbesondere durch Wiedernutzbarmachung von Flächen, Nachverdichtung und andere Maßnahmen zur Innenentwicklung zu nutzen sowie Bodenversiegelungen auf das notwendige Maß zu begrenzen. Landwirtschaftlich, als Wald oder für Wohnzwecke genutzte Flächen sollen nur im notwendigen Umfang umgenutzt werden. Die Grundsätze nach den Sätzen 1 und 2 sind nach § 1 Abs. 7 in der Abwägung zu berücksichtigen.
(3) Die Vermeidung und der Ausgleich voraussichtlich erheblicher Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes sowie der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts in seinen in § 1 Abs. 6 Nr. 7 Buchstabe a bezeichneten Bestandteilen (Eingriffsregelung nach dem Bundesnaturschutzgesetz) sind in der Abwägung nach § 1 Abs. 7 zu berücksichtigen. Der Ausgleich erfolgt durch geeignete Darstellungen und
Festsetzungen nach den §§ 5 und 9 als Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich. Soweit dies mit einer nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung und den Zielen der Raumordnung sowie des Naturschutzes und der Landschaftspflege vereinbar ist, können die Darstellungen und Festsetzungen auch an anderer Stelle als am Ort des Eingriffs erfolgen. Anstelle von Darstellungen und Festsetzungen können auch vertragliche Vereinbarungen nach § 11 oder sonstige geeignete Maßnahmen zum Ausgleich auf von der Gemeinde bereitgestellten Flächen getroffen werden. Ein Ausgleich ist nicht erforderlich, soweit die Eingriffe bereits vor der planerischen Entscheidung erfolgt sind oder zulässig waren.
(4) Soweit ein Gebiet im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 7 Buchstabe b in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen erheblich beeinträchtigt werden kann, sind die Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes über die Zulässigkeit und Durchführung von derartigen Eingriffen einschließlich der Einholung der Stellungnahme der Kommission anzuwenden.“
Zu 2. und 3.) Der Wegfall des „Sondergebietes Bundeswehr“ im Flächennutzungsplan darf zu keinem nicht beplanten Teil der Gemeindeflur führen, bei dem für Investoren nur der allgemein gesetzliche Rahmen (z.B. Natur-, Emissionsschutz) gilt, nicht aber Planungsvorgaben der Kommune.
Zu 4.) Der Marktrat muss umfassend über alle rechtlichen Komponenten des Baugesetzbuches informiert sein, die es ihm ermöglichen können, eine städtebauliche und raumordnerische Politik im Interesse der gesamten Bevölkerung in seinem Verantwortungsbereich zur Geltung zu bringen.
Zu 5.) Gerade bei Konversionsprojekten ehemaliger militärisch genutzter Anlagen gibt es besondere Fördermöglichkeiten auch aus Fördertöpfen der EU. Auch Machbarkeitsstudien sind dabei förderwürdig. Die BIma beteiligt sich dem eigenen Bekunden nach ebenfalls finanziell an solchen Studien.
Zu 6.) Es kann nicht akzeptiert werden, dass das umfassende Informationsrecht und die Entscheidungsfreiheit der Marktgemeinderäte und –innen durch die präjudizierenden Vorlage einer Vorauswahl von Bewerbern oder eines einzigen Bewerbers eingeschränkt oder gar ausgeschlossen wird.
Zu 7.) Das Munitionshauptdepot ist nach wie vor Bestandteil des Rüstungsaltlastenverzeichnisses des Bundes und des Freistaates und damit als nicht Altlasten-frei dokumentiert. Die Antwort des Bundesverteidigungsministeriums an den stellvertretenden Vorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion und ehemaligen Parlamentarischen Staatssekretärs im Bundesverteidigungsministerium, Walter Kolbow vom 14.07.2009 auf Grund einer Anfrage des SPD-Ortsvereins spricht von 10 Verdachtsflächen, die aber wegen der fehlenden „akuten Gefahr“ nicht weiter untersucht würden. Es muss sichergestellt werden, dass die Kosten einer eventuellen Dekontaminierung von Liegenschaftsflächen auch längerfristig vom Verkäufer getragen werden oder dass der Kauf in diesem Falle rückgängig gemacht werden kann.
Armin Buchner, Fraktionssprecher