Die Gedenkveranstaltung am Jüdischen Ehrenmal in Steinrain zum 65. Jahrestages des Kriegsendes in Deutschland und der Befreiung vom Nazi-Terror eröffnete Martin Kreutz, SPD-Ortsvorsitzender und Marktrat in Mallersdorf, mit einer beeindruckenden Eingangsrede und der Niederlegung eines Blumengebindes im Namen des SPD-AK Labertal.
"Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
kurz zum Ablauf, zuerst möchte ich ein paar Worte an sie richten, bevor ich an Franz Graf, einen Lehrer des Burkhart-Gymnasiums weitergebe, der sich intensiv mit dem Thema Jüdisches Ehrenmal bei Steinrain und mit dem Todesmarsch durch das Labertal auseinandergesetzt hat, wozu in der ausgeteilten Informationsbroschüre Bilder und Informationen zu finden sind.
Danach werden wir alle gemeinsam unter musikalischer Umrahmung einen Kranz niederlegen.
Heute am 08.05.2010 können wir zusammen den 65. Jahrestag entweder die totale militärische Niederlage Deutschlands im 2. Weltkrieg oder die Befreiung vom Nationalsozialismus begehen. Für mich ganz klar die Befreiung Deutschlands vom Nationalsozialismus.
Wie Richard von Weizsäcker gesagt hat, ist dies für „die Deutschen kein Grund zum Feiern, wohl aber ein Tag der Befreiung von dem menschenverachtenden System der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft“.
An diesem Tag gedenken wir aller Toten des 2. Weltkriegs und im Speziellen gedenken wir heute hier der Juden, die am Ende des Krieges auf Todesmärschen umgekommen sind. Diese Todesmärsche brachten Grausamkeiten des 2. Weltkrieges, die man vorher nur erahnt hatte, in jede Stadt, in jedes Dorf, in unsere Häuser. Niemand konnte davor die Augen verschließen. Auch bei uns nicht.
Wir gedenken heute in Trauer aller Toten des Krieges und der Gewaltherrschaft.
Wir gedenken insbesondere der sechs Millionen Juden, die in deutschen Konzentrationslagern ermordet wurden.
Wir gedenken aller Völker, die im Krieg gelitten haben, vor allem der unsäglich vielen Bürger der Sowjetunion und der Polen, die ihr Leben verloren haben.
Als Deutsche gedenken wir in Trauer der eigenen Landsleute, die als Soldaten, bei den Fliegerangriffen in der Heimat, in Gefangenschaft und bei der Vertreibung ums Leben gekommen sind.
Als Deutsche ehren wir das Andenken der Opfer des deutschen Widerstandes, des bürgerlichen, des militärischen und glaubensbegründeten, des Widerstandes in der Arbeiterschaft und bei Gewerkschaften, des Widerstandes der Kommunisten.
Wir gedenken derer, die nicht aktiv Widerstand leisteten, aber eher den Tod hinnahmen, als ihr Gewissen zu beugen.
Es ist an uns allen zu verhindern, dass die Lehren der Geschichte vergessen werden. Es liegt
-an der Gesellschaft, die unter dem Siegel der Toleranz manchmal zuviel akzeptiert, es liegt
-an den Schulen, die sich ihrer Pflicht durchaus bewusst sind, wie man an den in der Informationsbroschüre beispielhaft aufgeführten Aktionen erkennt,
-es liegt an jedem einzelnen von uns zu verhindern, dass wir vergessen.
Der Rechtsradikalismus und seine Vertreter sind auch heute noch überall zu finden, auch bei uns. Zum Beispiel in einem Versand rechtsradikaler Propaganda in Geiselhöring. Oder das kurze Erstarken der Republikaner in unserem Markt, dem die Bürgerschaft entschieden entgegengetreten ist.
Die Bitte an alle Menschen jung, wie alt, lautet:
Lassen Sie sich nicht hineintreiben in Feindschaft und Haß
gegen andere Menschen,
gegen Russen oder Amerikaner,
gegen Juden oder Muslime
gegen Alternative oder Konservative,
gegen Schwarz oder Weiß.
Lernen wir miteinander zu leben, nicht gegeneinander.
Ehren wir die Freiheit.
Arbeiten wir für den Frieden.
Halten wir uns an das Recht.
Zeigen wir Zivilcourage, wie Anna Gnadl und Max Maurer und viele andere auch im April des Jahres 1945 oder im letzten Jahr Dominik Brunner. Alles Bürger, die nicht weggesehen haben, sondern selbstlos geholfen haben, als andere in Not waren.
Schauen wir am heutigen 8. Mai, so gut wir es können, der Wahrheit ins Auge.
Die Wahrheit über die damaligen Ereignisse kann man sich auch wieder ins Gedächtnis rufen, wenn man eine der KZ-Gedenkstätten besucht. Es bleibt kein Platz zu leugnen, wenn man diese Zeugnisse der Vergangenheit betrachtet. Im Anschluss an die Gedenkfeier besteht die Möglichkeit organisiert zur KZ-Gedenkstätte nach Flossenbürg zu fahren, wo für einige der Marsch zum Labertal begann.
Vielen Dank von meiner Seite, dass Sie heute alle hier sind und wir gemeinsam ein Zeichen setzen wider das Vergessen und für die Zivilcourage.
Nun bitte ich Dich, Franz, noch einige Worte an uns zu richten."