Zugegeben. Die Dienstaufsichtsbeschwerde von Marktrat Armin Buchner über den 1. Bürgermeister Christian Kiendl wegen Antragsverschleppung hat hohe Wellen geschlagen. Die CSU tat empört und versuchte, Armin Buchner lächerlich zu machen und vom Kern des Vorganges abzulenken.
Und nicht wenige werden sich gefragt haben: Musste das sein? Darf man das? Die Antwort kann nur lauten: Ja. Das musste sein. Und dürfen tut man das auch.
1. Zur Vorgeschichte:
Am 10. Mai 2010 stellte die SPD-Fraktion den Antrag, die Bauleitplanung für die Muna-Nachnutzung einzuleiten und dabei die Priorität der Naherholung, Freizeit, dem Tourismus und Kleingewerbe einzuräumen. Der Antrag wurde zwar den Markträtinnen und -räten zugestellt, aber er kam nie auf die Tagesordnung einer Sitzung des Marktgemeinderates. Der Antrag war umfangreich erläutert und begründet.
Im Herbst 2010 erinnerte Marktrat Armin Buchner an den Antrag. Die Reaktion der Gemeindespitze war gleich Null. Erst als die SPD im Januar 2011 energischer nach der Behandlung des Antrages im Gemeinderat rief, setzte ihn der Bürgermeister erstmalig auf die Tagesordnung der Sitzung vom 29. März 2011, für die sich Armin Buchner aber wegen eines beruflichen Fortbildungsseminars in Berlin entschuldigen musste. Buchner beantragte daher fristgemäß beim Bürgermeister, die Beratung des Antrages zu verschieben. Dem folgte auch der Marktgemeinderat mit dem einstimmigen Beschluss, den Tagesordnungspunkt auf „eine der nächsten Sitzungen“ zu verschieben.
Am 16. Mai 2011 bat Marktrat Armin Buchner schriftlich den Bürgermeister, den Antrag auf die geplante Juni-Sitzung zu setzen. Eine Antwort erhielt Armin Buchner bis heute nicht. Die Sitzung wurde dann auf den 12. Juli verschoben, von dem bekannt war, dass Armin Buchner an diesem Tag mit einer Delegation in Oberösterreich unterwegs war. Auf der Tagesordnung stand der SPD-Antrag wieder nicht.
In der Marktratssitzung am 2. August 2011 fragte Marktrat Armin Buchner den Bürgermeister nach den Gründen, warum der Antrag wieder nicht auf die Tagesordnung gesetzt wurde. Der Bürgermeister konnte oder wollte keine Antwort geben.
Nachdem danach fast drei Wochen lang immer noch keine Reaktion aus dem Rathaus kam, und seit der Antragstellung 15 Monate ins Land gegangen waren, sah sich Armin Buchner gezwungen, mit Schreiben vom 20. August 2010 den Landrat zu bitten, das rechtswidrige Verhalten des Bürgermeisters rechtsaufsichtlich zu würdigen.
Aus die Maus – für das Katz-und Mausspiel der CSU-Rathausspitze mit Marktrat Buchner.
Nachzulesen ist alles auf der SPD-Homepage unter
www.spd-schierling.de
2. Die Rechte eines Gemeinderates im Ortsrecht und in der Bayerischen Gemeindeordnung
Das Antragsrecht gehört neben dem Stimmrecht und dem Rederecht zu den „Königsrechten“ eines jeden Mitgliedes des Gemeinderates, ganz gleich ob es Mitglied einer Fraktion ist oder nur Einzelperson. Und zum Antragsrecht gehört auch das Recht, seinen Antrag zu erläutern. Das ergibt sich aus der Rechtsstellung des Gemeinderates in der Bayerischen Verfassung und der Bayerischen Gemeindeordnung. Konkretisiert wird der Umgang mit diesem Antragsrecht in der Geschäftsordnung des Marktgemeinderates. Diese Geschäftsordnung zählt zum verbindlichen Ortsrecht wie Satzungen und Verordnungen, an die sich auch der Bürgermeister und die absolute CSU-Mehrheit wie alle anderen Bürger zu halten haben. Nachzulesen ist die GschO auf der Homepage der Marktgemeinde unter „Amtliches“ und dann „Ortsrecht“. Folgendes ist in der Geschäftsordnung zum Antragsrecht vorgeschrieben:
§ 23
Tagesordnung
(1) ¹Der erste Bürgermeister setzt die Tagesordnung fest. ²Rechtzeitig eingegangene Anträge von Gemeinderatsmitgliedern setzt der erste Bürgermeister möglichst auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung. ³Ist das nicht möglich, sind die Anträge in jedem Fall innerhalb von 3 Monaten auf die Tagesordnung einer Gemeinderatssitzung zu setzen. ⁴Eine materielle Vorprüfung findet nicht statt.
§ 25
Anträge
(1) ¹Anträge, die in einer Sitzung behandelt werden sollen, sind schriftlich zu stellen und ausreichend zu begründen. ²Sie sollen spätestens bis zum 10. Tag vor der Sitzung beim ersten Bürgermeister eingereicht werden.
Die Anforderungen des § 25 hat Marktrat Armin Buchner bei seinem Antrag korrekt erfüllt, was fehlt, ist der korrekte Umgang des Bürgermeisters mit den Vorschriften des § 23.
In der MZ vom 25. August 2011 wird 2. Bürgermeister Werner Braun zum SPD-Antrag zitiert: „Was noch nicht spruchreif ist, ist nicht spruchreif. Das gilt auch für das Thema ‚Muna‘“. Die Frage, ob etwas spruchreif ist oder nicht, gehört aber zu der Kategorie der „materiellen Vorprüfung“ eines Antrages, die jedoch ausgeschlossen ist. (siehe oben § 23 Abs. 4).
Kurzum noch einmal: Die Geschäftsordnung des Gemeinderates ist geltendes Ortsrecht und kein Wisch Papier.
3. Warum aber Dienstaufsichtsbeschwerde?
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) hat in einem Urteil festgestellt, dass „das Ratsmitglied gerichtlichen Primärrechtsschutz in Anspruch nehmen“ kann, wenn „eine Verletzung“ - aus dem Mitgliedschaftsrecht des einzelnen Gemeinderats – „fließender Positionen im Raum“ steht. Der Kostenerstattungsanspruch für einen Gemeinderat ist aber für den VGH „nur gerechtfertigt, wenn die Anrufung des Gerichts zur Durchsetzung individueller Mitgliedsrechte als ultima ratio unumgänglich war, weil (…) alle dem Gemeinderat zumutbaren Maßnahmen zur außergerichtlichen Durchsetzung der organschaftlichen Rechte ohne Erfolg geblieben sind.“ Der BayVGH sieht daher eine „Obliegenheit, zur Vermeidung einer gerichtlichen Auseinandersetzung die Rechtsaufsichtsbehörde anzurufen.“
Genau dieser „Obliegenheit“ hat Armin Buchner durch sein Schreiben an den Landrat mit der Bitte um rechtsaufsichtliche Würdigung entsprochen.
Ob die Dienstaufsichtsbeschwerde den vom Marktgemeinderat Buchner erhofften Erfolg haben wird, bleibt abzuwarten. Dass die Kreisbehörde ihrer fachlichen Aufgabe nachkommen und den Sachverhalt gründlich und objektiv prüfen wird, daran besteht kein Zweifel. Vielleicht nimmt sie bei solchen Streitfragen auch eine Vermittler- und Schlichter-Rolle ein, was auch nicht verkehrt wäre. Dass der Amtsvorgänger von Bürgermeister Kiendl, Otto Gascher, als stellvertretender Landrat auf das Ergebnis des Landratsamtes als Rechtsaufsichtsbehörde Einfluss nehmen könnte, ist nicht sehr wahrscheinlich.
Schaun ma hoit.
Zur Not steht auch der Weg zu den übergeordneten Rechtsaufsichtsbehörden, der Regierung der Oberpfalz und des Staatsministeriums des Inneren, offen.
Die Schierlinger SPD stand und steht immer für kooperative und kollegiale Kommunalpolitik mit einer größtmöglichen Information und Beteiligung der Bürger. Es ist zu hoffen, dass die Rathausführung und die CSU eine positive Lehre daraus ziehen werden. Das bisherige „Schindluder treiben“ mit Marktrat Armin Buchner lässt die SPD nicht durchgehen.
Und beim Kampf um die Rechte der Bürger und der Gemeinderäte gilt der Grundsatz des Gründers der SPD vor 148 Jahren, August Bebel:
„Im Kampf für Freiheit suche stets das Recht.“